Archiv der Kategorie: Gedanken

Lieber Entschwellung statt Viagra (57)

Die Spam-Sammelaktion, die ich vor noch nicht ganz zwei Wochen hier gestartet habe, trägt wohl schon Früchte. Seit diesem Zeitpunkt hätte ich wohl schon einige Tonnen Viagra-Tabletten bestellen können.

Viel dienlicher wären im Moment wohl schwellungslindernde Wundermittelchen. Das Lehenssystem wurde aber Gott sei dank abgeschafft. Die Wangen eines Hamsters sind im Vergleich mit den Meinigen gar keine richtigen Wangen und schon gar keine «Pfuusbagge».

Es fühlt sich an wie wenn jemand Ballone in den Mund gesteckt und diese soweit aufgeblasen hätte, bis die Oberflächenspannung kein weiteres Blasen mehr ermöglicht. Man ist zuversichtlich, denn bei jedem Ballon verschwindet über kurz oder lang die Luft, ganz einfach und wie über Nacht.

Die Zuversicht muss sich auch aus der Tatsache ergeben, dass man den Patienten wieder aus der Schale gelöst hat. Es kam ihm vor, wie wenn er in einem mære Hauptdarsteller wäre: Eingepackt in Tücher hörte er das Ticken der Uhr – die eine Sekunde ein Tick, die andere ein Tack – und das Einfliessen eines Gases in die Vakuummaschine.

Das mære hat nicht stattgefunden, der Patient wurde nicht für Tod erklärt; von dem Moment, der etwas länger dauerte als geplant, sind nur noch diverse Bauteile von Zähnen, Flecken im Gesicht und Murmeltierbacken übrig geblieben. Und natürlich die beschwerliche Art der Essensaufnahme.

Versuch einer Antwort auf Parallax I (56)

Dannie stellt wieder einmal schwierige Fragen in den Kommentaren zu Parallax I. Hier ein Versuch, auf die Frage, was ein «Schweizer Schriftsteller» sei, eine Antwort zu finden.

Dannie, du fragst, wie ich die «Schweizer Schriftsteller» charakterisieren würde. Eine schwierige Frage. Gerade auch deshalb, weil ich mich bei der Lektüre eines Textes nicht allzu sehr dafür interessiere, wo ein Autor gewohnt hat, als er den Text geschrieben hat.

Das lässt aber trotzdem nicht darüber hinwegtäuschen, dass für die Verwendung des Begriffs «Schweizer Schriftsteller», so wie er von den Medien in der Folge des Wahlkampfs verwendet wurde, suggeriert, dass es etwas Spezielles wie die Schweizer Schriftsteller geben müsse. Ich begehe hier deshalb einen (fatalen) Versuch einer Antwort. Ausserdem ordnen viele Bibliotheken die «Schweizer Autoren» in speziellen Gestellen an. Dass man nicht immer auf die Kompetenz der Bibliothekare rechnen kann, zeigt auch das Beispiel, in dem Literaturwissenschaft zur Unterhaltung gemacht wird.

Es fällt mir genauso schwer, den Begriff des «Schweizer Schriftstellers» zu definieren, wie ich in Schwierigkeiten geraten würde, den «Schweizer» zu charakterisieren. Juristisch gesehen impliziert der Terminus eine klare Trennschärfe, nämlich diejenige der Staatsangehörigkeit. «Schweizer Schriftsteller» sind nämlich diejenigen Schriftsteller, die einen Pass der Confœderatio Helvetica besitzen.

Der juristische Terminus scheint mir aber hier nicht für sehr hilfreich, geht es doch darum auch einen Teil der Kultur und vielleicht sogar eine Zugehörigkeit zu derselben zu definieren.

Daran liegt es wohl gerade: wann gehört etwas zu einer Kultur, wann nicht? Der Bereich des Mythos ist hier wohl wirklich erst der Anfang, der aber – wie sich Stefan Zweifel im Tagi Magi aufregt – in letzter Zeit von Autoren zu sehr bemüht wird, um das klischeehafte Bild der Schweiz aufzuwärmen. Auch die Abgrenzung von einem grösseren Kulturkontext werde von Autoren heute betrieben, Zweifel spricht gar von einem Rückzug in die Provinz.

Hier sind wir aber auch gleich in einer Diskussion, die in Deutschland während den letzten Jahren geführt wurde, derjenigen der Leitkultur. Der Begriff wurde im Zusammenhang mit der Eingliederung bzw. Integration von Immigrierenden benutzt.

Ist ein «Schweizer Schriftsteller» ein Teil dieser Gruppe, die schweizerische Leitkultur herstellen? In diesem Zusammenhang gibt es Leute, die leiten auch mit führen übersetzen. Eine solche F*****kultur würde aber (hoffentlich) nicht unterstützt.

Soweit der unvollständige Versuch einer Antwort, der nur wieder einmal eine ganze Reihe Fragen aufwirft, die ich vorerst nicht zu beantworten wagen würde.

Über den Politik 2.0 Vortrag (Sarah Genner) (52)

Auch von mir soll hier noch so etwas Ähnliches wie eine kleine Nachlese zum Blogcamp-Vortrag von Sarah Genner publiziert werden. Was Sarah über ihren Vortrag geschrieben hat wegen kurzem Atem und trockenem Hals nahm ich – als Teil des Publikums – gar nicht wahr.

Vielmehr hätte man meinen können, die Frau stehe jeden Tag in einem solchen Hörsaal vor einer derartigen Menschenmenge, die über Politik 2.0 etwas erfahren möchte.

Das analoge Technorati-Ranking präsentierte interessante Resultate. Höchstens dass Moritz Leuenbergers Blog mit 42 Nennungen in den Medien diejenigen Blogger mit Nennung in einer Zeitung anführt, vermochte kaum zu erstaunen. Schliesslich hat der Blog von Leuenberger vom Kanal der Pressemitteilungen des Bundeshauses profitieren können. Dieser Presserohstoff konnte dann einfach in eine Meldung umgearbeitet werden, ohne dass die Journalisten sich gross in der Blogosphäre auskennen mussten.

Interessant aber gleichzeitig ernüchternd war auch die Bestätigung der These, dass die neuen Mittel, die mit Web 2.0, das Web nicht demokratisieren, nur weil jetzt plötzlich alle einfachen Zugang zu Publikationsmitteln erhalten. Auch die Illusion, dass plötzlich aus allen Politikmuffeln politbegeisterte Bürgerinnen und Bürger werden, nur weil einige Blogs sich mit Politik beschäftigen, scheint sich (leider?) nicht zu bestätigen.

Schade war lediglich, dass der aktuelle Wahlkampf nicht mehr in die Arbeit einfliessen konnte. Viele Blogs haben sich mehr oder minder aktiv mit Kommentaren und Berichten daran beteiligt. Am Resultat hätte sich wohl dennoch nicht viel geändert und Sarah Genner hatte bereits so schon Unmengen an Material in ihrem Korpus.

Auf die ausführliche Arbeit freue ich mich jetzt schon. Wer die Vorfreude teilen will, kann sich die Slides zur Präsentation in Sarah Genners Blog herunterladen. (Nein, ich setze keinen Hotlink, auch wenn es kein Bild ist… !)

Update: Auch die NZZ erwähnt den Vortrag von Sarah Genner in ihrem Bericht zum Blogcamp.

Über den Swiss Myth (51)

Dannie Jost hat heute am Blogcamp 2.0 mit ihrem Referat zum «Swiss Myth» zu sehr interessanten Gedanken über den «Swiss Myth», die Schweizer Politik und die Wahrnehmung der Welt anspornen können.

Die anschliessende Diskussion hat denn auch gezeigt, wie sehr sich eine Beschäftigung mit den Mythen lohnen kann. Und auch die Beschäftigung mit dem Begriff des Mythos, der Bildung von Mythen.

Dass der Umgang mit Mythen durchaus auch Kritik ermöglichen soll, die aus der Beschäftigung mit dem Thema «Mythos» herausgehen kann, zeigten die Reaktionen der Gesprächsteilnehmer. Ein kritisches Hinterfragen der Mythen ist nämlich insofern von Bedeutung, als wir unser Denken mit der Vereinnahmung durch Mythen auf eine gewisse Weise prägen, gar Weltanschauungen mit Mythen erklären.

Gerade wo es zu Erklärungen von Identität kommt, die auf Mythen gründen, ist äusserste Vorsicht geboten. Lustigerweise wurde der Tell-Mythos nicht erwähnt. Dies war wohl dem Thema zu verdanken, das Dannie Jost mit ihrer Schilderung zu den Krawallen in Bern klar in eine andere Richtung gelenkt hat.

Dass der Reichtum der Schweiz nicht auf den natürlichen Rohstoffen gründet, von denen die Schweiz wahrlich nicht allzu viele Vorkommnisse hat ausser Wasser und Gestein, wurde uns von Dannie schön vor Augen geführt. Dass der Reichtum der Schweiz davon abhängt, was die Menschen machen, wird auch durch die Metapher des «blue-collar workers» entwickelt: Corsins Hemd – ein typisches Arbeiterkleidungsstück – trägt das Namensschild «Hacker». Der schönste Beweis dafür, dass Leute, die sich mit Information auseinandersetzen, Informationsarbeiter sind.

Aber auch hier lohnt es sich noch, die unzähligen Fragen, die sich noch stellen, zu beantworten. Alles kommt zu seiner Zeit. Da wären zum Beispiel:

  • Wie entstehen Mythen?
  • Wie beeinflussen Mythen unser Denken?
  • Was leisten Mythen zur Identitätsbildung?
  • etc.

Al Gore und Blog Action Day (48)

Das trifft sich ja wunderbar: Al Gores Nobelpreis und der Blog Action Day. Dieses Jahr ging nämlich der Friedensnobelpreis an den Amerikaner, der sich sehr für den Klimaschutz einsetzt – und dies auch noch, nachdem er es nicht in das höchste Amt der USA geschafft hat, machte er sich verdient für den äusserst angesehenen Nobelpreis.

His strong commitment, reflected in political activity, lectures, films and books, has strengthened the struggle against climate change. He is probably the single individual who has done most to create greater worldwide understanding of the measures that need to be adopted.

Es ist also wegen seinen Aktivitäte, die zu einer besseren Information der Bevölkerung führten, dass Al Gore den Nobelpreis bekommen hat. Und zwar die Information über die Zusammenhänge zwischen menschlichen Aktivitäten auf dem Globus und deren Einfluss auf die globale Erwärmung. Das Geld, das er vom Nobel-Komitee bekommt, will er gänzlich der Alliance for Climate Protection zukommen lassen.

Mit seinem Film An Inconvenient Truth hat Al Gore ein breites Publikum erreicht. Die Vorlesung über die Klimaerwärmung, die auch schreckliche Auswirkungen zeigt, wurde weltweit ausgestrahlt und gehört wohl bereits jetzt zu den Klassikern der Filme, die über Klimaerwärmung informieren, obwohl er erst kürzlich auf DVD herausgekommen ist. Aber wird Al Gore 2008 sich wieder für die Präsidentschaftswahlen stellen?

Ganz sicher ist aber, dass momentan Klimafragen sehr heiss diskutiert werden. Wichtig in diesen Fragen ist vor allem eine internationale Zusammenarbeit, durch die festgelegt wird, wie man die Klimaerwärmung stoppen kann, damit der Spitz des Matterhorns noch weiterhin Touristenattraktion bleiben kann.

Dafür müssten aber alle Staaten zusammenarbeiten. Und wenn sie dies nicht wollen, kann sie auch niemand zwingen dazu… Aber nicht nur die Staaten haben Einfluss in solchen Belangen; auch die Wirtschaft kann ihre Handelspartner beeinflussen. Schliesslich ist es für eine Imagekampagne gut, wenn Unternehmen berichten können, dass sie die Emissionen in China vermindert haben.

Ein globales Denken ist auch deshalb notwendig, weil mit der Globalisierung und dem internationalen Handel durch relativ günstigen Transport die Produktionsstätten verlagert wurden. So wird heute da produziert, wo Arbeitskräfte günstiger sind und Emissionen in den Ländern, in denen konsumiert wird, sinken dadurch, dass die Schwerindustrie nicht mehr in deren Gebiet sind. Sie werden aber genau aus diesem Grund auch in neue Gebiete verlagert.

Es ist also nicht nur an den Staaten, miteinander abkommen abzuschliessen, wie dies beispielsweise mit dem Kyoto-Protokoll gemacht wurde. Es liegt auch an den privaten Firmen und an jedem einzelnen Menschen, seine eigenen Verbrauch und Konsum so einzurichten, dass er vernünftig ist (was auch immer das heissen mag 😉 ).

Der heutige Blog Action Day zeigt aber gerade diese Bereitschaft: Privatpersonen in der ganzen Welt machen sich Gedanken über Klimafragen und versuchen, diese andern Menschen zu übermitteln. Vielleicht bringt er uns einen Schritt weiter zur Lösung?