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Verdammte Fotogläubigkeit. Oder die Geschichte vom auslaufenden HP-Gerät

Wir brauchen einen Beweis dafür, dass es HP-Patronen waren, die im Gerät waren, als es ausgelaufen ist, bitte schicken Sie uns ein Foto von Ihrem Gerät, damit wir sehen können, ob wirklich Tinte ausgelaufen ist. So wird man vom investigativen Kundenservice von HP abgewiesen, wenn Konstruktionsmängel an Geräten dazu führen, dass Tinte ausläuft und das Parkett verschmutzt.

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Nein, ich kann keine Fotos mehr machen, weil ich das Gerät dem Recycling zugeführt habe, weil ich nicht möchte, dass noch grössere Schäden durch auslaufende Tinte entstehen. Wissen Sie, nur Fotos können beweisen, dass Sie Originaltinte verwendet haben. Rechnungen von Tintenpatronenkäufen beweisen nichts, die könnte man auch in andere Drucker einsetzen. Und auch nur Fotos können beweisen, dass überhaupt Tinte ausgelaufen ist.

Wie schön, wenn Techniker per Fotodiagnose sagen können, dass es sich um Originaltinte gehandelt hat. Es könnte ja auch von einem Konkurrenzgerät kommen. Ja das könnte sie, das könnte sie aber genauso gut mit Foto. Und wie schön, wenn Fotografie dem Kundendienst alle Argumentation erspart.

Verschmutzte Servicestation HP Officejet Pro 8500
Verschmutzte Servicestation HP Officejet Pro 8500

Sie wollten ein Foto des Raumes, in dem der Drucker stand, damit sie einschätzen können, wie gross der Fleck im Vergleich zum Zimmer war. Der Fotografie könnten sie vertrauen. Aber wie ging das mit Roger Fentons Kriegsfotos genau? Die Kugeln, die man platzierte und nicht herausfand, wie sie wirklich gelegen hatten? – Ja: Believing is Seeing. Dem Fotografen vertraut man blind – Bildvertrauen, versteht sich. Ganz unironisch! Wenn die geplagten Kunden keine weiteren Bilder liefern können, weisen sie alle Anfragen ab. Man merkt, der Kundendienst fühlt sich schon sehr kulant, dass er die Anfrage überhaupt bearbeitet, obwohl die einjährige Garantiefrist für dieses Teufelsgerät schon abgelaufen ist. Am besten installiert man vor dem Drucker eine Webcam, die jede Minute ein Bild vom Drucker macht, dann ist man auf der sicheren Seite, weil sie einen direkten Zugang bekommen können. Guten Morgen, NSA (Äh nein, Hewlett Packard)!

Ich hatte im Telefongespräch versprochen, ich würde Werbung für HPs kundenfreundlichen Geräte machen. Da ist sie. Und das war das letzte Gerät aus dieser Firma, das ich zu Grabe getragen habe.

RIP, Officejet Pro 8500, du kannst ja nichts dafür, dass du von schlechten Eltern bist.

Nymphéas

Vor einer Woche sind wir zwischen den Bildern hin und her gelaufen. Ich wunderte mich darüber, wie ein Mann in einem Leben so viele Bilder sammeln kann. Man muss dazu natürlich ein grosses Kriegsbudget haben, aber Bührle scheint gerade dies gehabt zu haben. Und dann diese unterschiedlichen Stile: Da stehen gotische Skulpturen neben neben den Künstlern der Moderne, Natures mortes neben Familienessen. Da weiss man manchmal nicht mehr genau, welcher der Teile nature und welcher mort ist, das ist im Barockteil einfacher, weil der Totenkopf gleich nebenan liegt.

Besonders angetan haben es mir die Zuschauer, denen man so schön zuschauen kann, wie sie einem zuschauen, weil man von einem Bild zum anderen geht und wieder zurück und wild gestikuliert, welche Farbkomposition einem besser gefällt. Oder wie die Leute beginnen, plötzlich auch immer wieder die Nähe zum Bild zu verändern, weil das aussieht, als ob man etwas von der Kunst verstehen würde Kunst anzuschauen, weil es dabei gar nicht so sehr auf die Kunst, sondern aufs Schauen und Geschautwerden ankommt.

Neben den Zuschauern sind es natürlich drei Bilder der Ausstellung, die den Teich in den verschiedenen Lichtverhältnissen zeigen und die Nymphéas ganz unterschiedlich erscheinen lassen. Ich erzähle dann, dass ich diese Riesenformate Monets auch im Kreditkartenformat hätte haben können: So hätte ich sie immer mit dabei gehabt. Immer ein Teich voll Nymphen.

Linkeria #24: Computerwelten (Woche 6, 2010)

  • A very hard thing is to get back into coding: Rückkehr in den Alltag. «The world inside the computer is so different from the world outside the window. You see the sky through the glass, and you see the snow coming down, and you picture all the gas stations and sad diners, and you hear them call to you and dare you to leave again.»
    [via: halbluchs]
  • Is Google Making Us Stupid? Nicholas Carrs Essay übers Lesen, Denken und mechanisches Uhrwerk: Wie Technologie unsere Denkgewohnheiten und Hirnwindungen prägt. «Yet, for all that’s been written about the Net, there’s been little consideration of how, exactly, it’s reprogramming us. The Net’s intellectual ethic remains obscure.»
  • Ich verstehe die Pop-Welt nicht mehr. Mike Oldfield im Interview über Aufnahmen via Webkonferenz, klassische Musik im Nachtclub und elektrische Gitarre.

Jeden Samstag 3 Links und Kürzestzusammenfassungen zu interessanten, visionären, relevanten und lesenswerten Texten aus dem Web. Anregungen werden gerne per Mail entgegengenommen: linkeria [affenschwanz] textworker [punkt] ch