Schlagwort-Archive: Leser

Linkeria #26: Buchstabenmeer (Woche 9, 2010)

  • In Defense of Readers: Mandy Brown von A Working Library schreibt neuerdings auch für A List Apart. Auch hier schreibt sie für Leser. Wenn sie den Leser verteidigt, verteidigt sie die Solitude, in der Lesen passiert: «Reading is a necessarily solitary experience—like dying, everyone reads alone—but over the centuries readers have learned how to cultivate that solitude, how to grow it in the least hospitable environments.»
  • Books in the Age of the iPad: Craig Mod über Inhalte, die man gut am iPad lesen kann. Und über Bücher, die Bücher bleiben müssen. Statt tote Bücher um die halbe Welt zu fliegen, möchte er von den digitalen Distributionskanälen profitieren: «You already know the potential gains: edgier, riskier books in digital form, born from a lower barrier-to-entry to publish. New modes of storytelling. Less environmental impact. A rise in importance of editors. And, yes — paradoxically — a marked increase in the quality of things that do get printed.» [via anmut und demut]
  • Microsoft’s Courier ‚digital journal‘: Der letzte Schrei aus Microsofts Häfen. Ein digitales Moleskine. Warum nicht schon eher?

Jeden Samstag 3 Links und Kürzestzusammenfassungen zu interessanten, visionären, relevanten und lesenswerten Texten aus dem Web. Anregungen werden gerne per Mail entgegengenommen: linkeria [affenschwanz] textworker [punkt] ch

Linkeria #3 (Woche 38, 2009)

  • The Manhattan Streetcorners: Fotografien aus dem Alltag Manhattans. Richard Howe fotografierte zwischen März und Oktober 2006 jeden Ecken Manhattans. Im Internet gibt es eine Vielzahl von Fotos aus diesem Projekt.
  • Bücher zum Trost: Interview der Zeit mit Michael Krüger, dem Verleger des Hanser-Verlags zu Büchern. Die Eigenschaften des Verlegers in Krügers Auffassung: «Er muss seine Bücher lieben und wissen, welchen Platz sie im Idealfall einnehmen können. Bei jedem Buch muss er vor sich sehen, welche Leser es mögen könnten, welche Art von Leser.»
  • «Redefreiheit für alle ist unsinnig»: Ein Text aus dem Reisetagebuch von Matthias Daum, der über die chinesische Perspektive auf Individualität und Mehrheit berichtet. Unterwegs in China zeigt Matthias Daum in seinem Blog bei der NZZ, wie Chinesen sehen.

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Linkeria #1 (Woche 36, 2009)

  • Drei Definitionen eines Lesers: Die ganze Evolution des Lesens: Ein Leser unter dem Baum, ein Leser als Arbeiter und zuletzt die Lesemaschine (dazu gibt es auch einen Link). Mandy Brown beschreibt schön diese drei Stationen des Lesens in ihrer wunderbaren Working Library, die man am ehesten mit Präsenzbibliothek übersetzen könnte, aber damit auch die ganze Bibliothek entmystifiziert, weil das Lesen aus dieser Art der Bibliothek so sehr nach Arbeit klänge. Ausserdem ist der Artikel zu den Lesetypen auch ein Teil des Argumentariums gegen Feedreader.
  • Series and Databases: Ivan Hagedoorn, selbst Fotograf, Choreograf  und Forscher, macht sich darüber Gedanken, wie sich die Fotografie mit der Zuhilfenahme von Datenbanktechnik verändert. Dabei skizziert er den Weg vom traditionellen Take, der an einem Ort stattgefunden hat, bis zur Fotografie, die Fotos mit Tags versieht und über Schlagworte Zusammenhänge herstellt.
  • Deutsch ist wie eine Hausfrau: Surreale Fragen von Roger Willemsen an Maria Cecilia Barbetta, die aus Argentinien kam und deutsch schreibt: «Die deutsche Sprache fungiert als Aushängeschild. Sie ist die Tür in andere Wirklichkeiten, seien Sie sich dessen gewiss.»
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    Wir Leser (125)

    Wir tun es jeden Tag, nehmen dabei nicht einmal mehr war, was wir tun: Wir lesen Buchstaben, reihen Wörter, Phrasen und Sätze aneinander und wundern uns nicht einmal darüber, warum eigentlich? Sie tun es in eben diesem Moment auch.

    Sobald der Sprung einmal geschafft ist, lesen wir ohne Mühe. Es ist vom Sprung der Alphabetisierung die Rede, die einem so viele Tore öffnet, die ganze Welten entstehen lässt, wenn man den Schilderungen erfahrener Leser, die vom Glück erzählen, das sie erleben, seit sie lesen, Glauben schenkt.

    Dass der Weg zu diesem Glück nicht ganz so einfach ist, erleben immer wieder Menschen, denen das Geheimnis hinter den Buchstaben verschlossen bleibt, weil sie nicht in genügendem Mass an die Schriftkultur gewöhnt wurden. Ein schwieriges Befangen, denn wie soll man sich in einem Datendschungel wie dem Internet zurechtfinden können, wenn man nicht die Macht über die Zeichen inne hat?

    Wenn wir uns zurückerinnern, ganz gleich, nach was für einem System man auch immer an die Buchstaben gewöhnt worden sein mag, musste man eine Verbindung zwischen dem abstrakten Bildchen und dem Laut, der dahinter stecken soll, herstellen. Dass hinter einem A auch tatsächlich der Buchstabe des Affen stehen soll und nicht derjenige des Nilpferds. Im Schulzimmer war – so entnehme ich es meiner Erinnerung – oben an der Wandtafel ein Alphabet abgebildet, das waren diese komischen Bildchen, und unterhalb ein Bildchen von einem Äffchen oder sonst bekannten Gegenstand.

    Wir vertrauten der Lehrerin, und liessen uns in diese geheimnisverheissende Welt einführen, die uns einen Schritt näher zu den Erwachsenen bringen würde. Wir schrieben uns die Finger wund, bis wir die Buchstaben in perfekter Form vor uns stehen sahen. Dann sollten wir uns auch merken, welcher Laut dazu gehörte.

    Aber bei dem, was das Lesen ist, waren wir da noch nicht angekommen, denn was nützt es, wenn man die einzelnen Buchstaben schreiben und erkennen kann? Ein Buchstabe kommt nämlich äusserst selten allein. Lautes Vorlesen wurde deshalb auch immer wieder geübt. Nicht so, dass wir zuerst leise vorbuchstabieren sollten, sondern gerade beim ersten Mal laut vorlesen! Damit man sich in der Schule nicht blamierte vor denen, die sowieso schon seit dem Kindergarten den Weg in die Schrift gefunden hatten, las man zu Hause umso mehr.

    Laut vorlesend und über die Ohren das aufnehmend, was auf dem Blatt stand, konnte man einen Sinn sich erschliessen aus dem, was man da vor sich hin buchstabierte. Aber das klang so fremd, denn wo sprach man denn so, wie man las? Das, was uns als «Hochdeutsch» verkauft wurde, ein zusätzliches Mysterium, brachte uns in zusätzliche Schwierigkeiten, aber machte das Lesen wohl noch spannender.

    Wenn man heute versuchen würde, Buchstaben nicht zu lesen, sondern sie bloss als Bild anzusehen, den Wörtern nicht zu folgen, sondern eine abstrakte Bildkomposition darin zu sehen, muss man dies zuerst erlernen. Buchstaben nicht mehr lesen zu können, wenn man einmal in das Geheimnis der Buchstabenkrämerei eingeführt wurde, soll fast unmöglich sein. Vielleicht ein so schwieriger Weg wie das Erlernen des Lesens selbst.