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Hundeplatz

Mein Schilderwald spriesst prächtig. In den Fotos aus Strasbourg habe ich mein Lieblingsschild wiederentdeckt, eins extra für Hunde. Canisite heisst es da (bestimmt für die déjections canines). Die Hunde bekommen damit einen Platz beschrieben, an dem sie ihre Geschäfte unternehmen dürfen. Alle anderen Örtchen sind verboten.

Canisite
Canisite

Und wahrscheinlich sind die anderen Orte auch nicht so attraktiv wie dieses Sandfeld mit reichlich Spuren anderer Hunde. Der Canisite ist kniehoch eingezäunt mit Holzpflöcken.

Eingezäuntes Sandfeld
Eingezäuntes Sandfeld

Haben die nicht grandiose Ideen? Und wortschöpferisch sind Hunde ziemlich produktiv, denken wir doch nur an die Robidogsäcke in der Schweiz.

Seichenprobleme

Diese Zeichenprobleme. Es hat niemand behauptet, dass Zeichen an sich unproblematisch seien; nur manchmal würde man sich gerne der Illusion hingeben, weil sie einem das Leben erleichtern würde, solange man mit Zeichen zu tun hat. Nun gibt es diese Vorgabe von 60’000 und ich fixiere mich so gerne daran, kontrolliere abends den Zeichenzähler und freue mich, wenn sich wieder einige Zeichen mehr angesammelt haben in dieser zweitletzten Arbeite, die noch ohne Diplom geschrieben werden muss.

Zum Glück erinnern mich heute aber Textilinteressierte daran, dass es gar nicht so sehr auf die Zeichen darauf ankommt. Sie ergeben Muster, die schön anzuschauen sind, und um die gehe es. Ich muss mich mehr auf die Muster, auf die Argumente konzentrieren als auf die Zeichenzahl. Zum achtzehnten Geburtstag ihrer Tochter, erzählt die Katalogisiererin von Textilien, hätte sie alle Freundinnen und Freunde einen Stoff mitbringen lassen und die dann aufgehängt. «Mindestens einen Meter, damit man daraus etwas machen kann.» Auf einem war eine Sarrasine drauf, Aristocholia longa.

Warum also beim Schreiben nicht viel mehr von diesen Mustern ausgehen, die Fäden schlagen und in die richtige Form bringen? Jede Farbe am richtigen Ort, gut vernähen, da wo es sich gehört und dann, erst zum Schluss, abschneiden nach Metermass? Dann sollten diese Sechzigtausend, von denen Vierzigtausend hoffentlich schon geschrieben sind, auch zu schaffen sein.

Angewandte Semiotik im Schnee

Wieder einmal im Reich der Schilder

Angewandte Semiotik im Schnee

Normalerweise bringt man Schnee mit Natur in Verbindung. Dass man auf einem Schneespaziergang aber auch den Schildern begegnet, kann man in praktisch jedem Skigebiet sehen. Hier ein Bild auf dem Weg zur Foppa. Übrigens: Dass es Steine auf der Piste hatte war nicht angezeigt. Das konnten wir aber begutachten, als wir auf der anderen Seite der Verbotstafeln die Zeichen falsch deuteten.

Semiotik: Weg aus dem Schilderwald

Noch zu Ostern verstand ich es eher als Witz, als ich sagte, dass sich in Italien innovative Semiotik entwickeln kann, weil niemand im Wald der Verkehrsschilder den richtigen Weg findet.

So sucht man den richtigen Eingang zum Bahnhof Termini, wenn man von der Seite von McDonald’s herkommt nur, wenn man zuerst durch einen Beauty-Laden hindurchgeht. Dies aber nicht unbedingt auf Anhieb, schliesslich will man den richtigen Weg nur dem eingeweihten offenbaren.

Chaos auf den Strassen Roms (und Fussgänger, die vor den Vatikanischen Museen in der Reihe stehen)
Chaos auf den Strassen Roms (und Fussgänger, die vor den Vatikanischen Museen in der Reihe stehen)

Mit etwas mehr Ernst sehe ich diese Sache nun, da ich das Einleitungskapitel zu Umberto Ecos «Eine Semiotik und Philosophie der Sprache» lese. Zwar musste ich auf den ersten Blick laut loslachen, aber die Erkenntnis beruhigt gleichzeitig wie sie beunruhigt: Auch Geisteswissenschaften können einen direkten Nutzen für den Endverbraucher haben.

Wo die Naturwissenschaften nicht nur rein technologische Zwecke, sondern auch manipulative Interessen haben: «Ebenso [wie die Kenntnis der Anatomie die körperliche Leistungsfähigkeit verbessern kann, (Anm. C.N.)] kann die Beschreibung der inneren Logik der Verkehrszeichen einer öffentlichen Behörde Hinweise dafür geben, wie sie die Praxis der Straßenbeschilderung verbessern kann.» (S. 18)

Eines aber kann doch beruhigen: Eine solche Verbesserung der Umstände entsteht nicht als automatisches Nebenprodukt der wissenschaftlichen Forschung, sondern aus freier Entscheidung wie gleich darauf im Buch verhandelt wird.

Bibliografische Angaben: Eco, Umberto: Semiotik und Philosophie der Sprache, Fink, 1985 (= Supplemente 4).