Wie im Spätmittelalter mit dem Ablass, gibt es heute verschiedene Formen des Ablasshandels. Eine der interessantesten Ausgestaltungen nimmt das Bewusstsein für die Umwelt an. Statt auf einen Flug ins nahe Ausland zu verzichten, wird im Nachhinein in einen CO2-Fonds eingezahlt: Die Emissionen sollen durch nachhaltige Projekte, wie dies das Pflanzen von Bäumen oder ähnlichen Projekten der Fall ist, neutralisiert werden.
Dies erinnert mich an das Modell des Ablasshandels im Mittelalter, denn da konnten Sünden ex post mit einer Geldzahlung neutralisiert werden und ein Eintritt ins Fegefeuer verhindert werden. Wo Päpste damals eine gute Einnahmequelle gefunden haben und mit dem Geld wunderbare Bauten, hochstehende Kunst und ein immenser Verwaltungsapparat aufgebaut werden konnte, wird heute ähnliches betrieben. Private Firmen beteiligen sich an der Erhaltung unserer Umwelt.
Die Historikerin im NZZ Campus Blog sieht diese Art des Geschäftemachens gar als neue Geschäftsidee für Historiker: Bei der Aufarbeitung von verantworteten Taten mit einer «Schweigeminute deluxe» will sie für eine bessere Zukunft sorgen, indem die Vergangenheit bewältigt wird.
Ist dies ein Hoffnungsschimmer, dass bald nicht mehr Lifestyle-BeraterInnen das Leben planen, sondern studierte Historiker? Oder drehen wir uns in einem Zirkel und sind nun wieder im Spätmittelalter angelangt?
Würde über das Reflektieren der Sünden der Verganenheit, gleichzeitg die Zukunft bedacht – dann fände ich es in Ordnung… Aber eben: leider ist dies nicht der Fall.
Etwas vom Verrücktesten, was ich in dieser Hinsicht schon mal mitangesehen habe: In einer Gesprächsrunde im TV wurde über die Gefährung der Schweiz bzg. islamistischen Terrorismus diskutiert. Ein Experte meinte, die Schweiz sei nicht so gefährdet, weil Islamisten Bankkonten hier hätten – kollektives Aufatmen.
Dies in einem Format, in dem man sich auch schon über das Verhalten der Banken im 2. WK enerviert hatte…