Das Landesmuseum zeigt mittelalterliche Büsten von Heiligen, die von ihrem Ausdruck nichts verloren haben, es scheint jedenfalls so. Bei näherem Hinsehen kann man bei einigen Büsten den Zahn der Zeit gut erkennen, denn Löcher von Holzwürmern beeinträchtigen die Oberfläche der hölzernen Skulpturen.
Als reformiert Aufgewachsener war mir die Welt der Heiligen eine ganz neues Erlebnis. Die Idee, dass man für jeden wichtigen Stand oder auch Berufsgattung einen Heiligen hat, den man anrufen kann, scheint mir deshalb auch ziemlich fremd und erinnert fast schon an eine polytheistische Ordnung, wie sie die Griechen oder Römer kannten, um dies aber wirklich zu beurteilen, will ich mich mehr mit den Heiligen auseinandersetzen.
Was ich nämlich äusserst spannend finde, sind die Legenden, die sich rund um die Heiligen herausbilden. Auch die bildende Kunst, wie sie gerade im Landesmuseum zu bestaunen ist und sie im Mittelalter betrieben wurde, ist erstaunlich. Es gibt nämlich äusserst feine Darstellungen, die eine Präzision zeigen, die das Vorurteil des dunklen Mittelalters mit einem Blick wegfegen.
Zum Bild: Ausschnitt eines Fotos einer Maria Magdalena Statue, die nicht an der Ausstellung zu sehen war. Es ist von Nick in Exsilo und hier zu bewundern.
Dennoch wird auch die Ausstellung mit verschiedenen Lichteinstellungen gezeigt: Auf der einen Seite die mittelalterlichen Heiligen, die auch heute in der katholischen Kirche ihren Platz finden, auf der anderen Seite ein hell beleuchteter Raum, an dessen Wänden Worte zu finden sind. Ganz nach Luthers Leitspruch der Reformation «sola scriptura sui ipsius interpres». Es sind Worte von Reformatoren zu lesen, die ihrerseits Kommentare zum Umgang mit Bildern machen.
Liegt da eine Bewertung von Bild und Wort vor, wenn das Wort so hell und klar dargestellt wird, die Büsten aber in eher düsteren Räumen? – Oder sind das einfach Lichtverhältnisse, die aus konservatorischen Gründen gewählt wurden und den Besucher nicht zu interessieren haben? Sonst scheint nämlich die Wahl der verschiedenen Medien gut aufeinander abgestimmt, denn die Musik, die aus den Kopfhörern kommt und mit dem Verlassen eines Raumes automatisch wechselt, ist äusserst gelungen mit den plastischen Bildern der Heiligen kombiniert.
Ich war die Ausstellung gestern Sonntag anschauen und war erschrocken. Es fehle mir ein gutes Stück ethnologische Distanz. Ein zweiter Bildersturm…
Was du genau mit der „ethnologischen Distanz“ meinst, verstehe ich nicht ganz. Ich nehme an, du sprichst mit dem Bildersturm die Erleuchtung im Raum der Reformation an? Der Bildersturm kam mir auch in den Sinn, als ich das sah.
Mein Schatz ist „Züri-Reformiert“ und hat nichts bemerkt – Nun bin ich aber froh, ist das sonst noch Jemandem aufgefallen.
Mit „Ethnologisch“ meine ich, wäre das eine Ausstellung über eine „fremdere“ Religion; den Islam, das Judentum, oder was asiatisches; Das Landesmuseum würde nie wertend ausstellen.
„Ich will, wie alle Anderen behandelt werden. Heilige hin, Heilige her“! 😉