Archiv der Kategorie: Ferienbild

Avocadoland

Es war ein gutes Jahr, das letzte. Es gab zwei Mal Erdbeeren- und zwei Mal Spargelsaison. Wir genossen die Erdbeeren besonders mit Granolamüesli und Jogurt. Langsam gewöhnten wir uns an die Läden. Und immer waren wir restlos überfordert, wenn wir vor dem Jogurtgestell standen. Oft entschieden wir uns für griechischen Naturjogurt, den es in mehrfacher Ausführung gab, denn mit Milchprodukten kennen sich die Neuseeländer gut aus.

Der Spargel war kleiner und dünner, als wir ihn kennen. Wunderbar an Nudeln zu machen. Denn das war unserer Hauptnahrungsmenü in den Motels: Nudeln mit Spargel und Tomaten. Und irgendetwas mit Avocado dazu. Als Europäer hat man völlig falsche Vorstellungen von Avocado. Zwar sind sie gekennzeichnet als sofort genussreif, mit reif haben Avocado in der Schweiz aber gar nichts am Hut. Die Avocados reifen am Baum, es gibt Avocadopflanzungen, das ist so ein Unterschied, wie wenn man Wintertomaten mit Tomaten vom Balkon vergleicht.

Neben diesen kleinen Alltagswundern haben wir beim besten Italiener der Welt gegessen, in einem Restaurant gegessen, wo wir uns wunderten, warum alle Chinesen Filet Wellington assen, vorbestellt notabene. Einmal unser bestes Barbecue verspiesen nach einer Kajaktour. Und nach all den Pork Bellys und Fisch in allen Varianten freuten wir uns immer wieder, wenn wir auch einmal ein vegetarisches Restaurant fanden. Auch wenn wir dann immer daran denken mussten, wie das eine Brunchrestaurant mit dem Motto überschrieben war, dass nur Vegetarier sein könne, wer noch nicht ihr Pastrami-Sandwich probiert habe. Aber die wissen nicht, was sie an ihren Avocados haben.

Post aus Buenos Aires

Pango ist auf Reisen in Südamerika und berichtet in seinem Blog Gente, mar y montaña regelmässig von seinen Erlebnissen (so diszipliniert müsste man bloggen!). Dank eines Kommentars in seinem Blog habe ich letzte Woche aus Belgano, Buenos Aires, eine Karte bekommen:

Pangos Karte aus Buenos Aires
Pangos Karte aus Buenos Aires

Natürlich habe ich mich sehr gefreut über diese Karte. Pango bloggt noch immer von seinen Erlebnissen, und immer noch kann man Karten von seiner Südamerika-Reise bekommen. Dazu einfach einen Kommentar zu einem Beitrag schreiben und hoffen, dass einem der argentinische Zufall gut gesinnt ist.

Fremdhören

Interessant, dass man von der Sprache der Grossmutter dann doch mehr versteht, als man zunächst gedacht hätte. Dass sich da ein ästhetisches Ideal herausbildet mit Gewöhnung an das Lauten einer Sprache. Die einen im Land klingen, als ob sie eine Rachenkrankheit hätten, und zwar in einer ganzen Region. Wie wenn die die ganze Zeit Zahnwasser gurgeln würden. Da wundert man sich, dass dies selbst die Leute sagen, die diese Sprache in einer anderen Variante sprechen.

Und wenn man dann auch nicht viel versteht, so ist es doch schön, sich darüber zu wundern, solche Feinheiten mitzuhören. Da bedankt man sich für ein linguistisch ausgebildetes Gehör.

Aurlandfjord, Norway

In den Kanälen

Dann war da noch Strasbourg: Das Gepäck fast in Zürich liegengelassen, von wo aus es nach Genf weitergefahren wäre, vor dem Münster bei eisigem Wind gestanden, die Kanalrundfahrt im Kindermodus gehört. Die bekommen etwas geboten, die Kinder. Drei Zehnercouverts Billette gelöst, wobei doch jedes Billett einzeln aus dem Automat ausgedruckt wurde. Aus dem Tram fast nicht mehr ausgestiegen, weil die mit ihrem Gepäck zu lange hatten und der Türverschluss schon wieder betätigt wurde. In tollen Cafés oder salons de thé gesessen und chocolat chaud getrunken, zugehört wie jemand latte macchiato wollte und dann die französische Version café au lait serviert bekam. Morro als Glücksgriff gekauft und biscuits oder olives au chocolat. Und ja, natürlich: tartes flambées und crêpes!

Hürriyet

Der Automat wird bedient in Ankara. Man kommt am Bahnhof an und möchte sein Gepäck einschliessen, die wenigen Leute, die schon da sind, zeigen einem, dass es einen Automaten für die Bagaj gibt. Es ist tatsächlich da, dieses Gerät, doch es nimmt kein Geld an und kein Gepäck.

Das bestellte breakfast beweist, dass türkisches Morgenessen nicht nur in Istanbul aus zu einem Fladen gebackenen Brot, einem Stück Gurke, Oliven und Käse besteht, sondern auch in Ankara, der Stadt, die so sehr an Mustafa Kemal aka Atatürk erinnert.

An diesem Bahnhof ist auch das ursprüngliche, aus politischen Gründen aber vertagte Reiseziel, Tahran, angeschrieben. Der Transasia-Express fährt um 11 Uhr aus Ankara ab. Wir sehen ihn nicht mehr; der den Automaten bedient, hat schon früher seine Geschäftsstunde und gibt den Code in die Maschine ein, mit dem sie unser Gepäck lagert.

Ankara von oben
Ankara von oben

Ohne Stadtplan orientiert man sich auch in Ankara nur schwer, so wie man sich in Florenz schlecht mit einem Plan von Venedig die Kirchen sucht, für die man eigentlich den Zwischenhalt eingelegt hat. Das Atatürk-Mausoleum und eine Festung sind auf den Schildern für Touristen angegeben, aber die Festung auf einem der Hügel ist von Stacheldraht umzäunt, wahrscheinlich auch hier zur falschen Zeit am richtigen Ort. Dafür ist das Bild, das sich einem von diesem Hügel oben bietet, wunderbar: Man erkennt, wie die Stadt in die Hügel hineingebaut ist, sieht unterschiedliche Häuserstile: Wohnblocks und Hütten mit Blechdächern, Einkaufshäuser und Imbissstände, Steinmoscheen im Aufbau und Minarette aus Wellblech. Blech glänzt.

Wellblechdächer in Ankara
Roofs of Ankara

Auf dem Weg zum Atatürk-Mausoleum, den ich nicht so direkt nehme, wie man ihn nehmen könnte, komme ich nahe des Otogars an einem Viertel mit Selbstwerker-Läden vorbei. Ich weiss jetzt, wo ich in Ankara Toilettenschüsseln, Bodenplatten oder Küchen bekommen könnte, wenn ich solche Dinge einmal benötigen sollte. Statt zum Mausoleum komme ich nun aber in ein Ministerium, in dem eine nette Literaturwissenschaftlerin arbeitet, die sich ganz erstaunt über die Reisepläne zeigt und ein Taxi bestellt, das mich zum Mausoleum bringen soll.

Ich stelle mir vor, wie idyllisch dieser Ort wohl sein müsste, wenn die Sonne nicht so unvermittelt herabstrahlen würde. Aber auch so macht einen Vieles staunen: Die Decke, die mit Goldmosaik verziert ist, der polierte Marmor, auf dem Boden ebenso glänzig wie an den Wänden, und die Angehörigen der türkischen Armee, die in anachronistischer Verkleidung das Nationalheiligtum beschützen.

Das Museum zeigt Panoptika von Schlachten, in denen tapfere Türken die Vorarbeit für die heutige Türkei geleistet haben, den persönlichen Wagenpark Atatürks, die Privatbibliothek des Reformers und es zeigt nicht zuletzt Osmanen, die zu Türken werden: Sie bekommen ein neues Alphabet, die Sprache wird vereinheitlicht, türkische Mythen werden gesammelt und die Grenzen zum Ausland klar gezogen.

Der Bediener des Automaten ist gerade beim Einkauf, da wir am Bahnhof unsere Rücksäcke abholen wollen, die Toiletten-Aufsicht meint, er komme bald zurück. Die türkische Errungenschaft des Tages ist Hürriyet, ganz nach dem Vorbild der französischen Liberté.