Der Automat wird bedient in Ankara. Man kommt am Bahnhof an und möchte sein Gepäck einschliessen, die wenigen Leute, die schon da sind, zeigen einem, dass es einen Automaten für die Bagaj gibt. Es ist tatsächlich da, dieses Gerät, doch es nimmt kein Geld an und kein Gepäck.
Das bestellte breakfast beweist, dass türkisches Morgenessen nicht nur in Istanbul aus zu einem Fladen gebackenen Brot, einem Stück Gurke, Oliven und Käse besteht, sondern auch in Ankara, der Stadt, die so sehr an Mustafa Kemal aka Atatürk erinnert.
An diesem Bahnhof ist auch das ursprüngliche, aus politischen Gründen aber vertagte Reiseziel, Tahran, angeschrieben. Der Transasia-Express fährt um 11 Uhr aus Ankara ab. Wir sehen ihn nicht mehr; der den Automaten bedient, hat schon früher seine Geschäftsstunde und gibt den Code in die Maschine ein, mit dem sie unser Gepäck lagert.
Ohne Stadtplan orientiert man sich auch in Ankara nur schwer, so wie man sich in Florenz schlecht mit einem Plan von Venedig die Kirchen sucht, für die man eigentlich den Zwischenhalt eingelegt hat. Das Atatürk-Mausoleum und eine Festung sind auf den Schildern für Touristen angegeben, aber die Festung auf einem der Hügel ist von Stacheldraht umzäunt, wahrscheinlich auch hier zur falschen Zeit am richtigen Ort. Dafür ist das Bild, das sich einem von diesem Hügel oben bietet, wunderbar: Man erkennt, wie die Stadt in die Hügel hineingebaut ist, sieht unterschiedliche Häuserstile: Wohnblocks und Hütten mit Blechdächern, Einkaufshäuser und Imbissstände, Steinmoscheen im Aufbau und Minarette aus Wellblech. Blech glänzt.
Auf dem Weg zum Atatürk-Mausoleum, den ich nicht so direkt nehme, wie man ihn nehmen könnte, komme ich nahe des Otogars an einem Viertel mit Selbstwerker-Läden vorbei. Ich weiss jetzt, wo ich in Ankara Toilettenschüsseln, Bodenplatten oder Küchen bekommen könnte, wenn ich solche Dinge einmal benötigen sollte. Statt zum Mausoleum komme ich nun aber in ein Ministerium, in dem eine nette Literaturwissenschaftlerin arbeitet, die sich ganz erstaunt über die Reisepläne zeigt und ein Taxi bestellt, das mich zum Mausoleum bringen soll.
Ich stelle mir vor, wie idyllisch dieser Ort wohl sein müsste, wenn die Sonne nicht so unvermittelt herabstrahlen würde. Aber auch so macht einen Vieles staunen: Die Decke, die mit Goldmosaik verziert ist, der polierte Marmor, auf dem Boden ebenso glänzig wie an den Wänden, und die Angehörigen der türkischen Armee, die in anachronistischer Verkleidung das Nationalheiligtum beschützen.
Das Museum zeigt Panoptika von Schlachten, in denen tapfere Türken die Vorarbeit für die heutige Türkei geleistet haben, den persönlichen Wagenpark Atatürks, die Privatbibliothek des Reformers und es zeigt nicht zuletzt Osmanen, die zu Türken werden: Sie bekommen ein neues Alphabet, die Sprache wird vereinheitlicht, türkische Mythen werden gesammelt und die Grenzen zum Ausland klar gezogen.
Der Bediener des Automaten ist gerade beim Einkauf, da wir am Bahnhof unsere Rücksäcke abholen wollen, die Toiletten-Aufsicht meint, er komme bald zurück. Die türkische Errungenschaft des Tages ist Hürriyet, ganz nach dem Vorbild der französischen Liberté.