Schlagwort-Archive: Zettelkasten

Linkeria #23: Erinnerungskasten (Woche 4/5, 2010)

Diese Linkeria ist eine Doppelnummer: Woche 4 ist ausgefallen, die Links werden hier mitgeliefert. Im Nachhinein.

  • Semantic Weblog: Die Idee des semantischen Weblogs. Eine Kombination aus Blog und Wiki: Im Zeitlauf, aber auch in der Enzyklopädie. Äusserst interessantes Projekt.
  • Mein Leben rippen: Der Erinnerungskasten braucht Text. Deshalb muss man aus Musik, Bildern und Büchern Text machen.
  • WordPress vs. Drupal: Weshalb sich Drupal besser fürs Semantic Weblog eignet als WordPress.
  • Semantic Weblog: Der Strom und die Karte. Das Semantic Weblog skizziert. Nach den Worten des Schöpfers: Davinciesque.
  • Digitale Textgenese: Was dabei herauskommen könnte, wenn ein Programm den Weg eines Textes aufzeichnen würde.
  • The fringe benefits of failure: Eine Vorlesung über den Vorteil des Scheiterns. Da sagt doch die Grossmeisterin der Magie: «We do not need magic to transform…»

Jeden Samstag 3 Links und Kürzestzusammenfassungen zu interessanten, visionären, relevanten und lesenswerten Texten aus dem Web. Anregungen werden gerne per Mail entgegengenommen: linkeria [affenschwanz] textworker [punkt] ch

Der Karteikasten im digitalen Zeitalter

Wer sich gelegentlich Zitate aus Gelesenem notiert und die Notizen gerne weiterverwenden möchte, stösst analog schnell an seine Grenzen. Gedanken zu Zettelkästen und digitalen Zettelkästen weitergedacht.

Elektronische Weichware statt brüchiges Papier

Wenn man sich doch gleich von Anfang an für eine Software begeistern und entscheiden könnte, hätte man am Schluss nicht die doppelte Arbeit. Zuerst hatte ich ja gedacht, dass ich Zitate beim Lesen auf physischen Zetteln sammeln würde. Da habe ich ja auch noch ein Plädoyer für das gute alte Papier geschrieben. Zurückziehen soll man solche Plädoyers nicht, denn sie haben immer noch einen Punkt, der nicht vernachlässigt werden will: Das Suchen und zufällige Finden eines Zettels, den man gar nicht gesucht hätte, indem man blättert, geht mit der elektronischen Verschlagwortung verloren. Ein Nachteil, den man wohl verschmerzen mag, wenn man die Vorteile eines elektronischen Zettelkastens sieht.

Digitaler Datensalat

Ein grosses Problem hat ein analoger, also papierner Zettelkasten, schnell einmal mit digitalen Daten, die sich auf unseren Festplatten in immer grösseren Mengen anhäufen: Hier ein Schnipsel eines Musikstücks als mp3, da ein Bild, das man elektronisch gefunden hat, dort ein Digitalisat eines Films, den man auf Youtube heruntergeladen hat, sprich ein Haufen an verschiedenen Formaten, die alle an einen Ort gepresst werden wollen. Bilder könnte man ja immerhin noch ausdrucken, solange sie Schwarz-Weiss sind, kein Problem in meinem Fall; sobald es aber farbige Bilder sind heisst es zum nächsten Copyshop rennen, denn der Laserdrucker vermag es nicht, farbige Bilder aus sich heraus zu zaubern.

Multimedial organisiert

Über Musikstücke soll man den händisch angelegten Zettelkasten gar nicht ausfragen, was soll der mit einem mp3-File anfangen? Der geübte Musikus könnte sich Akkordreihenfolgen notieren oder gar ganze Partituren vom gehörten Material anfertigen, aber wie denn solche Informationen in einen Index einarbeiten? Mit viel Phantasie würde man sich ein Ordnungssystem aneignen, das einem im nächsten Moment wie eine Unordnung vorkommt: Die Akkorde sind irgendwo aufgeschrieben, die Partituren irgendwo gelagert, bloss wo?

Litlink unter die Haube geschaut.

Screenshot: Litlink organisiert die Buchdaten, Exzerpte und Kommentare.

Elektronisch: Karteikasten für den kleinen Ordnungshelden

Und da sind wir denn auch schon beim springenden Punkt, der den Karteikasten aus dem Rennen ausscheiden lässt: der Index will fein-säuberlich nachgeführt sein, Stichworte kontrolliert und die Karten an der richtigen Stelle im System eingeordnet sein. Wer dabei nicht der grosse Ordnungsheld ist, hat das Spiel schnell verloren, wenn er denn eine einigermassen grosse Zahl an Zitaten beisammen hat. Dies natürlich auf Zetteln, die alle gleich aussehen, sich nur durch die Dinge unterscheiden lassen, die ins Papier eingeprägt sind. Kommt da mal etwas ein bisschen durcheinander, vertauscht beispielsweise Zettel 35/5a seinen Platz mit Zettel 27/3c und kommt ein Windstoss, der Zufallsgenerator spielt, so ist die ganze Arbeit schnell verloren oder ein grosser Stapel Arbeit wartet darauf, vollbracht zu werden: Eine Woche lang würde dann auf der Pendenzenliste stehen, dass der Karteikasten eine Sortierung benötige.

Automatische Sortierung und Bibliografie-Stile nach Strickmuster

Diese Sortierung übernimmt Litlink automatisch. Man braucht lediglich Schlagwörter anzugeben, kann Notizen und Zitate den Buch- und Personeneinträgen zuordnen, wobei diese miteinander verlinkt werden. Sucht man nun nach einem bestimmten Schlagwort, kann man immer noch auf zufällige Dinge stossen, recherchiert man gründlich in der Kartei, kann man sogar Gedanken finden, von denen man gar nicht mehr weiss, dass man sie je einmal gehabt hatte. Und der grösste Vorteil: Es lassen sich verschiedene Bibliografie-Stile einrichten, mit denen man die Ausgabe von Bibliografien automatisieren kann und je nach Anforderung anpassen kann, ohne mühsam jeden Eintrag manuell abzuändern.

Der steinige Weg zur digitalen Sammlung

Bis man allerdings alles in seiner digitalen Form hat, vergeht eine gewisse Zeit. Die Monografien, Sammelbände und Aufsätze wollen zuerst aus irgendeinem Bibliothekskatalog importiert und mit den eigenen Bemerkungen annotiert sein, dann erst hilft einem die Datenbank etwas. Funktioniert einmal alles, soll man von einer tollen Gedächtnisstütze profitieren können. Ganz nach dem Luhmannschen Zettelkasten, mit dem man sogar kommunizieren könne.

Literaturhinweise und Download-Links:

[1] Alte Gedanken zu Zettelkästen: 19.8.2007: Zettelkasten oder Tags?; 1.5.2008: Lieber Zettelkasten statt Tags.
[2] Lit-Link: Zettelkasten-System, das auf einer Filemaker-Datenbank basiert. Wird an der Universität Zürich entwickelt und stetig verbessert.
[3] Luhmann, Niklas (1992): Kommunikation mit Zettelkästen. Ein Erfahrungsbericht. In: Derselbe: Universität als Milieu, Bielefeld: Haux, 53–61.

Lieber Zettelkasten statt Tags

Am 14.7.2008 erschienen neue Gedanken zum Thema Zettelkasten: Der Karteikasten im digitalen Zeitalter.

Die einfachste Art, sich eine Gedächtnisstütze aufzubauen ist wohl diejenige mit dem guten alten Zettelkasten. So antiquiert einem das vorkommen mag, er hat gegenüber den Computerverwaltungssysteme einen vortrefflichen Vorteil: Die Zettel können so beschriftet werden wie man will.

Mit den Wundermitteln der modernen Computertechnik, Datenbanken und was auch immer man da noch kennt, hat man nämlich einen entscheidenden Nachteil: Die Verwaltungsprogramme lassen sich ohne Programmierkenntnisse meist nicht auf den eigenen Bedarf anpassen. Und wer kann schon von sich behaupten, dass er, bloss weil er Informationen zu verwalten hat, noch eine Programmiersprache lernen möchte oder sich gar mit den kompliziertesten Datenbankanwendung auseinandersetzen möchte?

Sich ein Archiv herzustellen mit den wichtigsten Sachen, die man ständig braucht oder die man in der Zukunft vielleicht einmal brauchen kann, geht mit den guten alten Papierzetteln noch einfacher als mit den unzähligen Datenbanksystemen, die auf dem Markt vorhanden sind. Ein grosser Teil der Programme ist gratis oder gar als OpenSource erhältlich und haben einen Vorteil: Braucht man sie für ein Zitat – und das braucht man ja meist elektronisch – kann per Copy Paste der Text eingefügt werden und gleich noch die Literaturangaben beigefügt werden.

Macht man das mit einem handschriftlichen Zettelarchiv, braucht dies ein bisschen mehr Zeit. Erstens braucht man händisch einen Index zu erstellen, in dem man sich Begriffe notiert, mit denen man ein Zitat irgendwann einmal in Verbindung bringen könnte. Zettel müssen konsequent in diesen Index eingetragen, sonst kann man das Exzerpieren gleich lassen, denn Zettel in einem Archiv, die nicht im Index enthalten sind, verlieren ihren Wert. Höchstens durch einen guten Zufall kommt man wieder zur Information, die man eigentlich gesucht hatte.

Die Karteisammlung, die mit dem Papiersystem immer wieder nach dem richtigen Eintrag abgesucht werden muss, hat nämlich – trotz der Langsamkeit dieses Vorgehens – einen Vorteil, den man nicht mehr missen will, sobald die Sammlung eine gewisse Grösse erreicht hat: Beim gemütlichen Suchen der Karte, auf der das erhoffte Zitat steckt, trifft man andere Karten an, die einen auf andere Gedanken führen können und die Recherche in einen breiten Rahmen einbetten.

bibliotheksbuecher_kl.jpg

Auf diese Weise wird auch der Weg der Suche wichtig, und es ist so, wie wenn man in einer Bibliothek über die Buchrücken streift, um das gesuchte Buch zu finden: Manchmal sieht man gleich noch einen weiteren spannenden Band, den man nach Hause mitnimmt, um gemütlich darin zu schmöckern, der dann die treffende Idee bringt. Wenn man nur den richtigen Titel gefunden hätte, wäre einem das Wesentliche nicht über den Weg gelaufen: Das nämlich, was auf den ersten Blick falsch geschienen hatte, dessen Wert man nicht von Anfang an einschätzen konnte.

Wer sich im Computer eine Datenbank anlegt, hat diese Effekt des Durchblätterns nicht mehr. Ein Effekt, der in den Gehirnrinden Verbindungen herstellt, die vielleicht nur durch das haptische Erlebnis ermöglicht wurde.

Zettelkasten oder Tags? (32)

Die Wahl der «richtigen» Informationsverwaltung ist ziemlich schwierig. Was ist bei der Auswahl zu beachten? Wo sind Nutzen und auch Schwachpunkte von einigen Systemen? Meine Gedanken sind hier nachzulesen.

Am 14.7.2008 erschienen neue Gedanken zum Thema Zettelkasten: Der Karteikasten im digitalen Zeitalter.

Am 1.5.2008 erschien der neuere Artikel «Lieber Zettelkasten statt Tags».

Dank dem Artikel im imgriff-Blog über das Entwickeln einer Tagging-Strategie haben sich meine Hirnwindungen in Bewegung gesetzt. Der Artikel geht ums Taggen von Informationen: Sollen diese lieber mit möglichst vielen Tags versehen werden? Oder einfach nur mit den wichtigsten? Dabei kommt auch der Zettelkasten wieder ins Spiel, denn mit ihm ist es möglich, technische Neuerungen ohne Probleme zu überstehen.

Traditioneller Zettelkasten für Jahrzehnte zugänglich

Wenn der traditionelle Zettelkasten nicht gleich einer Feuersbrunst zum Opfer fällt, ist er mit einem guten Index, das heisst mit einer konsequenten Verschlagwortung, eine wahre Gedächtnisstütze. Davon zeugt auch der immense Zettelkasten, den sich der Soziologe Niklas Luhmann zugelegt hat:

luhmann_zettelkasten

Die immense Sammlung von Zetteln, die untereinander auf sich verweisen, bringt einen nicht zu unterschätzenden Kreativitätsschub. Aber ist ein Zettelkasten im Zeitalter von Computern mit Datenbanken oder Webanwendungen wie del.icio.us noch zeitgemäss?

Ideen für das Computerzeitalter

Mit dem Wiki zum organisierten Multimedia-Archiv

Es gibt zahlreiche Ideen, um eine Sammlung von Gedanken und bibliografischen Angaben zu organisieren. Ein Beispiel ist das spezialisierte Wiki, das sowohl auf dem lokalen Computer oder dem eigenen Webspace installiert werden kann. Nach der Installation von PHP, MySQL und Apache soll das Wiki seinen Dienst verrichten und alles sammeln, was einem sammelwürdig erscheint (auch Multimediadaten machen keine grösseren Probleme). Dabei muss nicht einmal HTML-Code erlernt werden, es kann die gleiche Syntax wie in der Wikipedia verwendet werden. Es zeichnet sich vor allem in der Verlinkung der Wiki-Artikel untereinander aus, die sehr einfach realisiert werden kann.Ein Beispiel zum Lösen des Bibliografie- und Notizen-Problems ist Wikindx, mit dessen Hilfe man eine Bibliografie erstellen kann, die auch in andere Programme und Dateiformate exportiert werden kann.

Bibliografieren mit Lit-Link

Eine weitere Lösung ist das Erstellen einer reinen Bibliografie-Datenbank, die allenfalls noch mit Zitaten und Anmerkungen ergänzt werden kann. So bietet beispielsweise Lit-Link die Möglichkeit, dies zu machen. Als ich die Software, die auf einer FileMaker-Datenbank basiert, das letzte Mal testete, war es für meine Zwecke nahezu unbrauchbar. Die einzige interessante Funktion, die es hatte, war der direkte Import von bibliografischen Daten aus Bibliothekskatalogen. Dazu muss man sich in Firefox ein Plugin installieren, mit dem diese Daten importiert werden können. Allerdings gab es auch da Probleme: XML-Dump merkte nicht, wenn Datensätze bereits importiert worden waren, weshalb in der Datenbank schlussendlich einige Einträge zu einem einzigen Buch bestanden. Auch die Bedienung lässt meines Erachtens zu wünschen übrig.

Eierlegende Wollmilchsau: Zotero

Eine viel intelligentere Lösung habe ich mit Zotero gefunden. Gerade wenn es nicht nur um die reine Verwaltung von bibliografischen Daten geht, sondern auch um die Verwaltung von digitalen Informationen, ist Zatero eine super Lösung. Das OpenSource Tool beherrscht den Import von bibliografischen Daten aus Bibliothekskatalogen wie zum Beispiel Nebis oder Ids aus dem effeff. Ausserdem können mit Zotero auch Webseitenzustände archiviert, kommentiert und verschlagwortet werden. Die Verschlagwortung bzw. das Taggen von Einträgen ist wohl eine der wichtigsten Eigenschaften, die Zotero gegenüber anderer hier vorgestellter Lösungen voraus hat. Auch die Plattformkompatibilität ist super: Auf den drei verbreitesten Systemen, Windows, MacOS und Linux mit Firefox 2.0.

Fazit

Der Test im Alltag muss zeigen, inwiefern Zotero sich wirklich für das Erfassen von Daten eignet. Was aber die Karteikarten von Luhmann den digitalen Lösungen voraus haben ist schlicht und ergreifend das gleichzeitige Anschauen von mehreren Einträgen. Mit einem Handgriff kann ein ganzer Tisch mit Karten vollgelegt werden; am Computer hingegen ist die Arbeit mit mehreren Einträgen der Datenbanken ziemlich mühsam. Auch die Garantie, dass Programme in der Zukunft weiterentwickelt werden, ist nicht auf Jahrzehnte hinaus gesichert. Und das will schon ein triftiges Argument für das Papier sein. Schliesslich will man sich nicht die Mühe machen, eine Datenbank anzulegen, um dann x Jahre später festzustellen, dass die Einträge, die man geschrieben hat, nicht mehr lesbar sind.