Archiv der Kategorie: Gedanken

Netvibes war eine Eintagsfliege (19)

So wie Sarah (vgl. Kommentare zum Artikel zu Netvibes) ging es mir auch beim Test von Netvibes. Zuerst war ich euphorisch und dachte, wie praktisch das sein muss, alle Feeds auf der Startseite des Browsers präsentiert zu bekommen. Nach einem längeren Test muss ich aber sagen, dass mir die Ablenkung zu gross war: Wenn immer beim Öffnen der Startseite ins Internet die Feeds aktualisiert werden, ist man eher geneigt dazu, diese auch zu lesen.

Bei Vienna, dem Feedreader, den ich wieder benutze, und der erst noch Freeware ist, kann ich das besser steuern. Die Feeds werden nur angezeigt, wenn ich das Programm starte und auch die Zeit dazu habe, die Feeds zu durchforsten. Zusätzlich kann ich Markierungen anbringen, die sagen, ob ein Artikel wichtig war, ob ich den nochmals anschauen möchte und solche Sachen.

Literaturwissenschaft und Unterhaltung

Den Bock hat die Stadtbibliothek Winterthur abgeschossen: Seit wann ist Literaturwissenschaft denn Unterhaltung? Neuerdings sind die Stockwerke neu angeschrieben und seit dies so ist, gehört die Literaturwissenschaft zum »Fachgebiet« Unterhaltung.

Klar, manchmal ist es schon sehr amüsant und unterhaltend, was Literaturwissenschaftler schreiben und über Bücher so preisgeben. Zum Glück weiss ich jetzt, dass ich Unterhaltung studiere!

Alles neu bei der NZZ

Die NZZ hat sich zum langjährigen Online-Bestehen ein Geschenk gemacht: Ein frisches und zeitgemässes Design (falls ich denn überhaupt berechtigt bin, dies zu beurteilen) präsentiert die Artikel zum Lesen. Das Design erinnert an die Designs von ausländischen grossen Zeitungen wie Zeit oder New York Times.Wie die Online-Ausgabe der NZZ im Laufe der Zeit ausgesehen hat, kann man auch im Onlinearchive betrachten: Wayback der NZZ. Achtung, Suchtgefahr für die Betrachtung von anderen Seiten in der Diachronie!Mal schauen, wie nützlich die neue Kommentar-Funktion ist, und ob sie Auswirkungen auf die Leserbriefe in der Print-Ausgabe hat . Es bleibt nur zu hoffen, dass es nicht so rauskommt wie bei der 20min, dass keine Leserbriefe veröffentlicht werden und nur ein Online-Forum zur Diskussion über die Artikel bereitsteht (wahrscheinlich tritt dieser Fall sowies nicht ein, die NZZ hat schliesslich schon immer auf Tradition gesetzt).Ich schliesse mich Martin Hitz an und gratuliere zum gelungenen Face-Lift.

(Post-)Moderner Ablasshandel

Wie im Spätmittelalter mit dem Ablass, gibt es heute verschiedene Formen des Ablasshandels. Eine der interessantesten Ausgestaltungen nimmt das Bewusstsein für die Umwelt an. Statt auf einen Flug ins nahe Ausland zu verzichten, wird im Nachhinein in einen CO2-Fonds eingezahlt: Die Emissionen sollen durch nachhaltige Projekte, wie dies das Pflanzen von Bäumen oder ähnlichen Projekten der Fall ist, neutralisiert werden.

Dies erinnert mich an das Modell des Ablasshandels im Mittelalter, denn da konnten Sünden ex post mit einer Geldzahlung neutralisiert werden und ein Eintritt ins Fegefeuer verhindert werden. Wo Päpste damals eine gute Einnahmequelle gefunden haben und mit dem Geld wunderbare Bauten, hochstehende Kunst und ein immenser Verwaltungsapparat aufgebaut werden konnte, wird heute ähnliches betrieben. Private Firmen beteiligen sich an der Erhaltung unserer Umwelt.

Die Historikerin im NZZ Campus Blog sieht diese Art des Geschäftemachens gar als neue Geschäftsidee für Historiker: Bei der Aufarbeitung von verantworteten Taten mit einer «Schweigeminute deluxe» will sie für eine bessere Zukunft sorgen, indem die Vergangenheit bewältigt wird.

Ist dies ein Hoffnungsschimmer, dass bald nicht mehr Lifestyle-BeraterInnen das Leben planen, sondern studierte Historiker? Oder drehen wir uns in einem Zirkel und sind nun wieder im Spätmittelalter angelangt?