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Chlorgebrabbel

Man kann an einer Station aus dem Zug aussteigen, an der man sich die Leute angucken kann, die Verantwortung tragen. Einer schleppt da den grösseren Bauch mit sich herum als der andere. Das muss wohl vom vielen Entscheiden kommen: Kaufen, verkaufen, behalten, eine Option auf den Kauf kaufen, die Option auf den Kauf verkaufen.

Sie haben ihre separate Tür, wenn sie aus dem Bahnhof hinaustreten wollen. An einer anderen Tür kann man an dieser Station auch Leute anschauen, die über diejenigen mit der Verantwortung Geschichten schreiben. Welten trennen diese beiden Spezies: Tropfen eines tosenden Gewässers.

An der selben Station steigen auch die Leute aus, die sich wie Fische fühlen wollen. Sie wechseln die Strassenseite, ignorieren mit Wohlwollen die Verantwortungsträger – man soll die schwer Tragenden nicht noch ärger belasten –, weil sie Wichtigeres zu tun haben.

Sie schwitzen unter Schwerstarbeit und merken nichts davon, weil sie im Wasser arbeiten. Das linke Bein hoch, dann das rechte, alles schön im Takt der Musik, die mehr von Vorgestern nicht sein könnte. Diejenigen, die sich nicht anleiten lassen von der Dame mit Turnschuhen, teilen sich in Schnelle und Langsame, indem sie Bahnen ziehen.

Kommen sie aus dem Gebäude, das eigens dazu gebaut wurde, Wasser zu enthalten, sehen sie alles in anderem Licht: Die Händler, die mit Unsichtbarem handeln, die Schreiberlinge, die im Glaskomplex sitzen, und die abertausend Wasserteilchen, die von oben nach unten fliessen.

Die Königin des Wassers

Während technisch begabte ihre Runden wie Fische schwimmen, sind auch Wasserratten auf der Bahn, die um Himmels willen nicht den Kopf ins Wasser stecken wollen. Auch die Dame mit dem freundlichen Gesicht, die einem noch den Vortritt gewährte, weil sie eine kompliziertere Angelegenheit an der Kasse zu erledigen hatte.

Peinlich berührt streifen sich die Blicke. Dusseliger hätte man sich am Drehkreuz nicht verhalten können: Den Strichcode nach unten gehalten statt nach oben. Den Piepston vergeblich erwartet. Nochmals zurückgeeilt und Tipps von Kennern der technischen Ausstattung erhascht.

Plötzlich klappt es beim ersten Mal, dem Sprung ins Wasser steht nichts im Wege. Man stellt sich vor, elegant ins Wasser zu springen, alle um sich herum von seiner Körperspannung zu überzeugen. Nicht einmal sich selbst kann man davon überzeugen und nimmt stattdessen wie die älteren Semester, die gemütlich ihre Runden drehen, die Treppe zum sachten Einstieg ins Wasser.

Nebenan die Kinder beobachten, wie sie vom Einmeter ins Wasser springen. Dabei in die eigene Vergangenheit zurückkatapultiert werden. Bilder vom Badmeister, der Schindele hiess, tauchen auf. Wie wenn sie sich im Wasser konserviert hätten; dem Chlor jahrelang getrotzt.

Und dann schwimmt die Dame vom Eingang an einem vorbei. Demonstrativ nach draussen schauend, wie eine Königin des Wassers. Sie hat den Kopf in edler Einfachheit in die Höhe gereckt. In nahezu unerreichbarer Position. Der einzige Trost, der bleibt: Man weiss sich im gleichen Wasser sitzen.

#7: Aaltierchen im All (95)

Aalglatt soll ein Wort sein, kennen muss man es nicht. Arschglatt ist besser, aber noch nicht an der Reihe, falls überhaupt einmal.

Aall, sogar mit phonetischer Schrift transkribiert, und das im Duden, im ganz normalen, haut mich gleich aus den Socken, sonst sind die äusserst knausrig mit Transkripten, dafür braucht man dann einen separaten, der keine gelbe Farbe hat. Ach, der arme Philosph Aall muss sich mit einer solchen Beschreibung zufrieden geben, mehr kommt nicht, da kann der Leser sich noch so lange besinnen und die drei verschiedenen Buchstaben anstarren, sie verschwimmen höchstens, werden so gross wie das All und dann zum Fadenwürmchen, dem Aaltierchen.

#6: Der elektrisierte Aal (94)

Ach, der Aal, ein Fisch. Die einen lieben ihn lieber auf dem Teller, als dass sie ihm in freier Wildbahn begegnen möchten. Die anderen wollen ihn im Zoo anschauen. Der Züri Zoo hat auch solche tollen Fische. Die einen, ich glaube, das waren die Zitteraale, können Spannungen erzeugen, die im Wasser messbar gemacht werden können. So unglaublich, dass jüngere Begleiter Panik vor den Viechern bekommen, obwohl sie hinter Glas ausgestellt sind und keine Ausbruchversuche machen.

Dazu passt auch gleich noch das Verb, das danach steht: aalen soll umgangssprachlich bedeuten, dass man sich behaglich ausgestreckt ausruht. Auch wenn der Aal sich in seinem Gehege nicht so wahnsinnig behaglich ausruht, wollen wir dem Sinn des Verbs nicht weiter auf den Grund gehen, der Druck unter Wasser ist uns zu gross.