Kartengeschichten (86)

«Bitte schieben Sie Ihre Karte gemäss Abbildung auf der Validierstation in den Einschiebeschlitz», kann man auf der Homepage der UZH Card, der neuen Legi der Uni Zürich bzw. UZH, lesen. Man soll die Karte in einen Schlitz schieben, der ganz allein fürs Einschieben gemacht wurde, da nimmt es einen Wunder, wo denn die Karte wieder rauskommt, damit das neue Leben mit der validierten UZH Card beginnen kann.

Man kann die Karte auch verkehrt hineinschieben, dann kommt sie unverzüglich wieder aus dem Einschiebeschlitz heraus, mit der Bitte, die Karte doch so einzuschieben wie abgebildet. Schön, das Gerät hilft einem Schritt für Schritt dabei, die richtigen Daten auf den Thermostreifen zu drucken.

Den haben Studentinnen und Studenten der UZH jetzt auch immer dabei: den Thermostreifen, denn die Karte ist eine für alles: Bibliotheksausweis, Legi, ASVZ-Ausweis, Chipkarte (für was dieser Chip auch immer eingesetzt werden wird? – Vielleicht für eine automatische Zeitstempelmaschine? Damit die Arbeitszeiten der Studentinnen und Studenten minutiös erfasst werden kann und die Arbeitszeiten nicht mehr mühsam mit der Uhr erfasst werden müssen? Vielleicht auch für das Essen in der Mensa? Oder doch nur als ECTS-Verwalter, damit diese Punkte, so wie bei Migros und Coop, noch ein Plastikkärtli bekommen?). Das Praktische an der Karte: Sie wird nur einmal, am Anfang des Studiums zugeschickt, danach kann der Thermostreifen beliebig oft wieder- und umbedruckt werden. Genau so wie die Thermoskanne beliebig oft wieder- und umgefüllt werden kann.

Leider hat die praktische Seite auch eine eher unpraktische Schwester: Bei Verlust der Karte wird es um die 25 Franken kosten, um die Karte ersetzen zu lassen. Der klebrige Papierstreifen war da bedeutend günstiger: Gerade mal 5 Franken kostete der Ersatz, als ich die Karte letztes Mal vermeintlich in der Mensa liegengelassen hatte. Schlussendlich fand sich die Karte wieder, sie wollte im Herbst Winterschlaf beantragen und suchte sich ein Versteck zwischen Vorlesungsskripten, wie auch immer die Karte da hingekomen sein mag.

Das gleiche Problem hatte ich mit meiner anderen Bibliothekskarte, denn die UZH Card funktioniert in Winterthurs Stadtbibliothek nicht, nur in denjenigen der ZHAW (haben die eine ZHAW Card? – dann klingt ja sogar UZH Card noch ästhetischer…). Ich wollte endlich mal fortschrittlich werden und kaufte mir eine Karte mit Chip drin. Der Chip lässt sich nämlich schon benutzen. Und dies auch für mehrere Dinge gleichzeitig: Einerseits als Benutzerausweis, den man einfach an die Maschine ranhalten kann, die Bücher auf ein Tischchen legen und schwupsidiwups sind die Bücher auf dem Konto (mit Selbstausleihe), als Ausweis für die Rückgabe, wenn man mal ausserhalb der Öffnungszeiten etwas zurückbringen möchte, als Geldkarte für den Kopierer und als Geldkarte für den Kaffeeautomaten oder den Getränkeautomaten, was will man noch mehr?

Damit wäre ich ja schon glücklich gewesen, aber meine alte Karte war – meines Wissens – zu Hause liegen geblieben, aber das war kein Problem, das Konto der alten Karte wurde auf das Konto der neuen Karte überschrieben, alle Sachen, die auf der alten Karte waren sind auch auf der neuen. Aber nur mit dem Chip! Die neue Benutzernummer funktioniert nicht, die gehört jetzt einer Dame, die auf den gleichen Nachnamen wie ich hört, sie weiss aber wohl noch nichts von ihrem Glück. Meine alte Karte funktioniert nicht mehr. Und jetzt kann ich ohne Chip nicht auf meine Kontodaten zugreifen. Schön, wenn die Datenbank Datenchaos anrichtet! Das ist richtig amüsant. Aber lieber bei der Bibliothek ein Datenchaos als an der UZH.

Schreibtische, an denen das Web 2.0 entsteht

Nicht nur traditionelle Schreibtischtäter wie die Schriftsteller brauchen eine tolle Ausstattung, damit sie zu kreativer Höchstform anlaufen, auch das Web 2.0 entsteht wohl grösstenteils am Schreibtisch und nicht in den digitalen Kommunen selbst.

Wer denkt, junge Firmen könnten sich keine guten Ausstattungen leisten, sondern würden sich in Papas Garage einmieten, irrt sich bei den Web 2.0 Giganten. Von den Möbeln über die Computerausstattung – viele Web 2.0-Buden können sich sehen lassen, wenn denn die Fotos, die im Netz herumschwirren auch authentisch sind.

Ein Blick auf uaddit enthüllt das Geheimnis von vielen Zwo-Nullern: Vielleicht steckt hinter den Bildern auch die Erklärung für die Funktionsweise der Web-Applikationen? – Oder auch nur ein Wink dafür, wie ein Büro aussehen muss, damit man innovative Ideen bekommt?

(via D-Blog)

Bloggen für die Pension (83)

Eine wahrlich kreative Idee, wie man im Alter Geld für seinen Lebensunterhalt bekommen kann, steuert Ashley Morgan, der Upstart Blogger bei.

Das Rezept klingt ganz einfach: Man verfasse jeden Tag einen Beitrag in seinem Blog und hat so nach einer Zeit von 30 Jahren rund 10950 Beiträge gesammelt. Dabei folgt man dem Motto «Steter Tropfen höhlt den Stein» und sammelt sich mit seinem Blog einen Wert an, der sich sogar in Geld ummünzen lassen würde.

Man könnte ganz einfach die Posts für Werbung zugänglich machen und sich so seinen AHV-Zusatz verdienen. Vom Risiko her geht man aber wohl mit einem Blog als Vorsorge ein ziemlich grosses Risiko ein. Gibt es in 40 oder gar 50 Jahren noch Blogs? Wird Web 2.0 überhaupt noch beachtet werden, wenn es denn erst Web 5.0 oder wie die Inkarnation vom Jahr 2053, meinem Pensionsjahr, gibt?

Klar muss man demjenigen Recht geben, der sagt, es sei auch nicht sicher, ob man es schaffen wird, die AHV bis zu diesem Datum – beziehungsweise lieber länger, wenn es nach meinen Interessen laufen soll – zu finanzieren. Man müsste halt einfach die Einträge, die man über die Jahre angesammelt hat, einfach immer an die neuesten technologischen Trends anpassen, dann könnte ein Blog zur AHV werden, wenn er denn von vielen Besuchern heimgesucht wird. Wenn aber zu viele diese Idee haben, wird sie wohl nicht funktionieren.

Denn umgekehrt als bei den Versicherungen und Vorsorgen, die nach dem Gesetz der grossen Zahl funktionieren, das heisst, je mehr Personen sich der Versicherung anschliessen, desto geringer wird das Risiko für den einzelnen, funktionieren Blogs wohl eher nach Marktprinzipien: Verdrängungswettbewerb um den besten Platz in den Rankings, sodass dann wohl nur gut platzierte Blogger wirklich eine Pension damit finanzieren könnten.

Für und wider den Gottesdienst (82)

Einen schönen Text kann man in der heutigen Ausgabe des Stadtblatts lesen. Die Pfarrerin Ruth Näf Bernhard zeigt Gründe dafür auf, sonntags nicht in die Kirche zu gehen.

Im gleichen Atemzug nennt die Pfarrerin aber auch Beweggründe für den sonntäglichen Kirchengang, obwohl sie am heutigen Sonntag selbst nicht in die Kirche gehen wird, sondern die Sportferien geniessen will.

In jedem Gottesdienst besteht die Möglichkeit, dass etwas Unerwartetes mit mir passiert. Drinnen-Sein kann Draussen-Sein verändern.

Mit diesen schönen Worten weckt die Pfarrerin die Neugierde am Gottesdienst. Die Kraft der Veränderung soll den Menschen dazu bewegen, in die Kirche zu gehen und die feierliche Stimmung in den Sonntag mitzunehmen.

Der Artikel im Stadtblatt kann auch online gelesen werden, denn seit das Stadtblatt die erste Gratis-Sonntagszeitung ist, erscheint die ganze Ausgabe als PDF. Wer also keinen Briefkasten in Winterthur stehen hat, kann trotzdem in den Genuss von reflektierten Texten kommen, wie man es von Gratiszeitungen gar nicht gewohnt ist.

Kommentare einer Ausstellung (81)

Weisst du, diese Frau war einmal berühmt, aber das ist schon lange her.

Was überhaupt ist denn berühmt?

Weisst du, berühmt ist dann, wenn dich viele Menschen kennen, die du nicht kennst. Und diese Frau war berühmt, weil sie in Filmen mitgemacht hat, deshalb haben die Menschen diese Frau gekannt. Heute haben sie die Leute im Museum eingerahmt und aufgehängt. Ah, und das da nebenan ist Thomas Mann. Er war einmal Schriftsteller, weisst du, der hat ganz viele Bücher geschrieben.

Oh.

Und schau, das sind ganz ganz viele Mannequins.

Das Mädchen schaut ganz verwirrt.

Aber das sind doch Frauen?

Ah, ja. Weisst du, Mannequins sind Frauen, die sich ganz viele Kleider anziehen und sich dann fotografieren lassen. Sie probieren dieses Kleid an, dann machen sie eine Foto, dann noch ein anderes Kleid und wieder eine Foto.

Wow. Dann möchte ich Mannequin werden, wenn ich gross bin. Immer wieder andere Kleider anprobieren und dann eine Foto, stell dir das mal vor! Genau gleich wie diese vielen berühmten Leute. Und dann, wenn man alt ist, kommt man ins Museum und wird neben Schriftstellern, die ganz viele Bücher geschrieben haben, aufgehängt.