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Tituliert

Seit letzter Woche darf ich mich nun offiziell mit dem Discountertitel Bachelor of Arts UZH schmücken. Dass das etwas mit Discounter zu tun hat, hat man uns am Anfang des Studiums noch nicht gesagt. Wenn das Studium schon zum Punktesammeln wird, muss der Festredner sich in der Abschlussrede wohl dieses sprachlichen Registers bedienen.

Ein Apéro einzig und allein für uns, die Bachelors und die Masters, die abgeschlossen haben. Eine Feier im grossen Lichthof der Universität, wo in den letzten Jahren getrunken, wo gegessen, gearbeitet, geschwitzt, wo geschwatzt und Zeit vertrödelt wurde, wo der jährliche Aderlass stattfand, wo weiche Knie kuriert, und wir uns unter Nike von Samothrake die interessantesten Thesen um die Ohren schlugen.

Kurz vor der Feier habe ich alle Seminararbeiten aus den Ordnern rausgesucht und aufeinander gestapelt. So ist ein Stapel zum Vorschein gekommen, von dem ich nicht gedacht hätte, dass der so gross sein würde.

Und die Listen, die da in diesem Diplom enthalten sind, einmal auf Deutsch mit zwei Siegeln, einmal Englisch ungesiegelt, Leistungsnachweise nach Fächern aufgeteilt und zum Schluss noch sechsundzwanzig Punkte, die nirgends angerechnet werden konnten. Listen, die nachprüfbar machen sollen, welche Leistungen erbracht wurden. Einmal 4 ECTS, einmal 10 ECTS, einmal 8 und 2 und 3.

Die Sammelei muss weitergehen.

Bologna-Barriere (59)

Dass Bologna mit Punkten einhergeht, wissen die meisten, diejenigen Studierenden, die nach dem «alten» System studieren, zeigen wenig Verständnis für die Sammlerei. Man darf sich bissige Kommentare anhören, wann es denn eine Punkte-Aktion wie bei Migros oder Coop mit deren jeweiligen Punktesammel-Karten gebe.

Das geht ja noch. Und als einer, der unter dem régime de Bologne studiert, stören diese kreativen Kommentare von älteren Studierenden gar nicht mehr. Auch die Professoren scheinen sich langsam aber sicher an dieses neuartige System zu gewöhnen und schiessen nicht mehr mit Kanonen auf die armen Bologna-Spatzen im ersten Semester, schliesslich können die Spatzen am allerwenigsten für diese Reform und deren Umsetzung. Für die Umsetzung sind diejenigen, die an den Kanonen stehen grösstenteils selbst verantwortlich.

Was mir aber seit diesem Wochenende erst richtig bewusst wird, ist die Barriere, die zwischen dem Bachelor und dem Master aufgebaut wird. Für Studiengänge an der Philosophischen Fakultät, wo man nicht ein Fach zu 180 Punkten für den Bachelor belegt, sondern gleichzeitig Haupt- und Nebenfächer studiert, scheint der Bachelor-Abschluss nicht nur Vorteile zu haben.Man wird überall gefragt, was man denn überhaupt nach einem geisteswissenschaftlichen Studium machen könne.

Da wird es wohl wenig Leute geben, die sich ernsthaft überlegen, nach dem Bachelor für immer aufhören zu studieren. Auch die Mobilität, die im Rahmen der Bologna-Programme so gerühmt wird, scheint eher erschwert zu werden als vereinfacht, denn wer gedacht hat, dass man an der Universität Zürich gleich viele Punkte für die gleichen Module bekommt wie an der Universität Bern, hat sich getäuscht. Inwiefern Module wirklich angerechnet werden können, wird sich erst noch zeigen müssen.

Dass die Mobilität vereinfacht wurde, scheint wohl eher zuzutreffen für das Studium der verschiedenen Stufen: Bachelor in Zürich, Master in Amerika und die Titel werden gegenseitig anerkannt, um zu einem PhD-Studium zugelassen zu werden.Zwischen den verschiedenen Stufen von Bachelor und Master wurde vielmehr auch eine Barriere geschaffen, die Flexibilität nimmt: Während man im «alten» System mit den Hauptfächern schon das Hauptstudium aufnehmen konnte und mit den Nebenfächern noch im Grundstudium stecken konnte, funktioniert das mit den Stufen von Bachelor und Master nicht mehr. Wer zur Masterstufe zugelassen werden möchte, braucht einen Abschluss als Bachelor. Dafür braucht es abgeschlossene Haupt- und Nebenfächer… Wer also nicht die 30 Punkte pro Semester (um in 3 Jahren den Bachelor zu bekommen) oder mit der Nebenfachwahl nicht zufrieden ist und dann die Entscheidung trifft, diese Nebenfächer zu wechseln, kann in eine Sackgasse kommen: In den Nebenfächern muss man nur noch wenige Sachen machen, die keine dreissig Punkte für das Semester geben, mit dem Hauptfach kann man nicht weitermachen, um dann Punkte zu sammeln.

Der einzige Ausweg bleibt wohl, während der nächsten Italienreise wirklich einmal in Bologna auszusteigen und den Platz anzuschauen, an dem man zu solch bürokratischen Entscheidungen fähig wird. Ein Architekt im Zug von Florenz meinte, die Stadt sei ganz ansehlich. Und also Bologna-Student sollte man die älteste Universität Europas, an der solche Pläne geschmiedet werden, schon kennen.

Ausserdem: Trost spendet da, dass die Liz-Prüfungen die Kandidatinnen und Kanditaten wohl auch vor ziemlich grosse administrative Berge stellen.