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Bibliothek im Wabenmuster

Die Idee schwirrt schon lange im Kopf herum. Es müsste doch möglich sein, eine wabenförmige Bibliothek zu bauen. Bienenwaben sind in ihrer Form nämlich äusserst gelungene Fabrikate. Sechs Ecken und jede Wabe fügt sich aus den einzelnen Zellen zusammen, die sich in einer nahezu perfekten Gestalt aneinanderschmiegen. In diesen Zellen werden Larven aufgezogen, Honig und Pollen gelagert.

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Das Modell, das uns die Bienen mit ihren Waben aufdrängen, sollten wir für die Organisation unseres Wissens genauer ansehen. An einem einzigen Ort werden die wichtigsten Aufgaben eines Bienenvolkes gelöst: Das Problem des Nachwuchses, die Versorgung mit Energie und die Möglichkeit, sich selbst weiterzuentwickeln. Um die Problematik des Nachwuchses kümmern sich die Bienen schon von Anfang an, sie leben ihr Leben zu einem grossen Teil dafür, ihren Nachwuchs zu füttern und aufzupäppeln. Eine Gesellschaft, deren Rohstoff Wissen und Ausbildung ist, sollte – wie die Bienen – mit Nachdruck dafür sorgen, dass ihr Nachwuchs in einer guten Form mit ihrem Rohstoff und mit ihren Aufgaben sozialisiert werden.

Die Versorgung mit der Energie, die in der Bienenwabe mit dem Honig in einer süssen Form vorliegt, muss in der Gesellschaft unter äusserster Anstrengung gesucht werden. Wer sich Wissen aneignen will, soll eine Zugang dazu bekommen und sich von der Energie, die in den Waben gespeichert ist, ernähren und mit dieser Nahrung eine Grundlage fürs Leben schaffen. In einer Gesellschaft, in der Wissen eine wichtige, ja gar eine primäre Rolle spielt, sollte das honigsüsse Wissen auch so behandelt werden. Niemand soll verkümmern müssen, Information und Wissen soll zugänglich sein.

Der Erwerb von Wissen und von Fähigkeiten, sich selbst den Zugang zu allem Möglichen zu verschaffen gehört in einem solchen Umfeld auch dazu. So wie sich die Bienen gegenseitig helfen, eine neue Zelle innerhalb der Wabe zu erschaffen, sollte es dazu gehören, dass sich die Wissens(er)arbeiter gegenseitig unter die Arme greifen und in ihren Zielen unterstützen.

Das also ist die Idee von der Bibliothek im Wabenmuster, aber sie geht noch weiter, denn nicht nur die Möglichkeit der gegenseitigen Hilfe ist in dieser Bibliothek wichtig, sondern auch die Möglichkeit, sich aus sich selbst zu erweitern. So wie die Bienen immer wieder neue Zellen an die Waben anschliessen, um sich den veränderten Bedingungen anzupassen, muss eine Bibliothek, die sich auch als Archivarin von zeitgenössischem Schaffen sieht, immer wieder den kulturellen Bedingungen anpassen. Sie soll dazu bereit sein, eine neue Zelle in das bestehende Wabenmuster einzubauen, auch dies in der gegenseitigen Hilfe.

Die Bibliothek im Wabenmuster müsste eine offene Stätte sein für alle Arten von Bienen, die sich innerhalb der Wabenwände wohl fühlen und am gemeinsamen Werk mitarbeiten wollen.

So viel zu den schwirrenden Waben.