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Regentrude

Beim Schreiben des Beitrags zu Beedle the Bard ist mir ein anderes Märchen wieder in den Sinn gekommen. Wohl wegen des Titels, den ich gesetzt habe. Und zwar ist es die Regentrude. Wer es noch nicht kennt, sollte es unbedingt lesen, noch besser wäre wohl, wenn man es sich als Kind erzählen lassen könnte.

Entdeckt habe ich es 2006 in einem verstaubten Buch aus der Bibliothek der Kanti. Allzu lange hat sich niemand für Theodor Storm interessiert, so hat sich am Buch eben Staub angesetzt. Da Märchen aber wohl etwas sind, was mit Aktualität nicht unbedingt mehr Charakter gewinnt, soll die Regentrude recht sein. Und weil das Digitalisationsprojekt Gutenberg schon ziemlich fortgeschritten ist, kann man die Regentrude auch da anlesen.

Vielleicht liest man die Regentrude seinen Kindern aber lieber aus einem Buch vor, weil das wohl der Stimmung, in die man sich begeben soll, während man einem Märchen gespannt lauscht, eher entspricht. Oder man erzählt das Märchen ohne schriftliche Grundlage, so wie wohl vor der schriftlichen Fixierung Märchen erzählt wurden. So kann man ja auch eigene Schwerpunkte setzen, die Geschichte so tradieren, wie sie einem am besten gefällt, damit sie den nachfolgenden Generationen auch in dieser Weise tradiert wird.

So bewahrt man sich und seiner Familie alte Erzähltraditionen und -stoffe, während morgen Märchen vielleicht schon mit Powerpoint-Präsentationen erzählt werden. Es soll ja heute schon Menschen geben, die  ihre Liebe zur Angebeteten per Powerpoint verkünden.

Feuchte Märchen

Interessant der Anblick, wenn man sich die Auslagen bei den Buchhändlern anschaut. Abgesehen davon, dass praktisch alle dasselbe im Schaufenster stehen haben, sind die Anordnungen doch ziemlich welterklärend. Wenn das Buch als Ware neben einer anderen, austauschbaren Ware steht, so ergibt sich doch für den Leser, der das Buch nicht nur als Ware sehen will – im Gegensatz wohl zu den Händlern – ein Weltbild, das einen wohl nicht erstaunen würde, schaute man sich die demografische Entwicklung von Alter und Sexualität an.

Da liegt auf einem Haufen das Märchen, das die drittreichste Britin erzählt hat in englischer aber auch in deutscher Sprache auf. Einmal als The Tales of Beedle the Bard und einmal als Die Märchen von Beedle dem Barden. Schon denkt man sich, dass es eigentlich schön ist, wenn zur Weihnachtszeit einmal wieder Märchen verkauft werden, die wohl auch von Erwachsenen gelesen werden – ohne da auf empirische Daten zurückgreifen zu können. Auf jeden Fall tituliert es auf Bestseller-Listen, so wie dies die sieben Bände des Töpfers auch zu tun pflegten.

In einer Buchhandlung, und erstaunlicherweise gerade in derjenigen, die aus einer katholischen Trägergruppe, hervorging, liegen die Märchen direkt neben dem Bestseller von Charlotte Roche. Das rosarote Bändchen, das den netten Namen Feuchtgebiete trägt, also direkt neben den Kindermärchen? Und wie sollen da die Grosseltern noch entscheiden, welches das richtige Weihnachtsgeschenk für ihre Enkel ist?