Die Welt ohne den Tod

Wie es wäre, in einer Welt zu leben, die keinen Tod kennt, beschreibt José Saramago in seinem Buch «Eine Zeit ohne Tod». Das Buch ist äusserst empfehlenswert, gerade auch dann, wenn man sich – wie so viele Menschen in unseren Breitengraden – ewig zu leben wünscht. Dass die Resultate, die bei diesem Experiment herauskommen würden, alles andere als erfreulich sind, zeigen die anekdotischen Gedanken. Mehr dazu aber in meinerBesprechung des Buches bei Tink.ch.

Von der Lektüre dieses Buches zurückgekehrt in die normale Welt, gilt es, schon wieder die Koffer packen und diesmal statt auf eine Gedankenreise, selbst einen Weg unter die Füsse zu nehmen. Auch dieser Weg soll nicht ohne Bücher gemacht werden, es wäre ja schade, wenn man mit dieser Reise nicht irgendwelche Lektüren in Verbindung bringen könnte.

Eines der Begleiter soll Shakespeares «Ein Sommernachtstraum» sein, von dessen Aufführung im Pfauen ich hellbegeistert war, vor allem von den Bauchrednerpuppen. Erstaunt war ich vor allem über die schlechten Rezensionen in einigen Feuilletons und anderen Magazinen, aber vielleicht werde ich auch noch nachträglich enttäuscht sein, wenn ich das nette Reclam-Büchlein gelesen haben werde.

Ausserdem soll auch Stefan Zweigs «Die Welt von Gestern» mitkommen. Dass ich beide Bücher lesen werde, glaube ich kaum, aber es ist immer schön zu wissen, etwas für den Fall der Fälle dabeizuhaben. Wahrscheinlich kommt es ja wieder so heraus wie im Sommer in den Segelferien, dass ich im Zug lieber die Augen zudrücke (hätten die Kondukteure bei den Leuten, die gestern kein Anschlussbillet für eine Zone hatten übrigens auch tun können!) oder mit den Mitreisenden gute Unterhaltungen führen.

Meinen Lesern und Leserinnen wünsche ich ganz schöne Ostern. Die Kommentarfunktion wird nur eingeschränkt verfügbar sein, dies um einerseits Spam, anderseits aber auch anderen Kommentaren, die nicht den Umgangsformen entsprechen, die in einer zivilisierten Gesellschaft erwünscht sind, vorzubeugen. Ich bitte, die dadurch entstehenden Unannehmlichkeiten zu entschuldigen!

#26: Ein Abbild des Dudens (118)

Schön, dass wir mit der neuen Woche, auch bald eine neue Seite im Duden aufschlagen dürfen. Nur noch das Abbild finden wir auf der Seite 151, die ja im eigentlichen Sinne die Seite 1 der Einträge im Wörterbuch sind. Weiter vorne sind noch verschiedene Buchstaben abgebildet, dazu noch die deutsche Transkription und Transliteration derselben. Da sieht man beispielsweise, dass man ein Kleines Alpha, will man es denn auf Deutsch schreiben, mit einem kleinen a Abbildung findet.

Nie hätte ich gedacht, dass der Duden so viele Wörter beinhaltet, die man im Leben noch nie gehört hat. Zu der Kategorie gehört auch das kleine Wörtchen abbimsen. Und indem ich das hier reinstelle, habe ich es gleich selbst gemacht. Ja, ganz genau, es soll umgangssprachlich sein für abschreiben.

Auch war mir nicht aufgefallen, dass direkt aneinandergereiht an umganssprachliche Wörter, gleich wieder ganz andere kommen, die viel mehr mit medizinischen Begriffen zu tun haben, man müsste sich fast schämen, noch nie die ganze erste Seite im Duden gelesen zu haben, der schon seit dem Sommer 2006 im Bücherregal seine Heimat hat… Und so muss man entdecken, dass gleich unter abbimsen, abbinden kommt. Aber ob das Verb abbinden oder das Nomen Abbindung schöner sein soll? Wenn der Arzt oder die Ärztin sagt, so ich binde ihnen jetzt den Arm ab, damit das Blut fliessen kann, spielt wohl weder das eine noch das andere eine Rolle. Wichtig ist dann nur noch, dass ein Spray angewendet wurde, der das taktile Vermögen des Arms einschränkt, sodass der Stich der Nadel nur als ein winzig kleines Stichlein wahrnimmt.

#25: Elektronische Geräte abbezahlen (117)

Mit neuen elektronischen Geräten kann man sich in eine ganz schöne Lage bringen. Endlich einmal darf man das Verb abbezahlen einmal selbst brauchen und in die Realität umsetzen. Bevor man sich allerdings in eine solche Lage bringt, sollte man sich mit den Bedingungen für die Abbezahlung auseinander setzen. Regelrechte Knebelverträge für einen neuen Fernseher – und das bloss, um das Wort der Abbezahlung einmal in einem offiziellen Dokument zu sehen? Jedem das Seine, aber auf eigene Gefahr!

Genauso wie man sich auf eigene Gefahr auf die Strasse begibt. Manchmal sind äusserst kuriose Gestalten unterwegs, die im Kreisel statt schön in der Spur fahren, auf das daneben liegende Trottoir abbiegen, den Gartenzaun malträtieren, es bemerken, nochmals abbiegen, aber diesmal auf die andere Seite und Quer über eine andere Strasse fahren, ohne dass sie dies geplant hätten, auch wenn man eine Abbiegespur benutzen sollte, wenn man solche Dinge vorhat. Abbiegungen sind nämlich nur da zu machen, wo man sie verantworten kann.

#24: Mojito abbestellen (116)

Trotz langer Pause hier im Blog ist jetzt schon Nummer 24 an der Reihe. Man kann sie nicht mehr abbestellen, denn eine Abbestellung für die Nummer 24 kommt bereits zu spät, wenn diese Zeilen gelesen werden. Das wäre dann so, wie wenn man in einer Bar einen Mojito bekommen würde, davon kostete und erst dann die Abbestellung offiziell machen würde. Da wäre sogar der Barkeeper aus Nummer 23 perplex, auch wenn er einen gewissen Witz drauf hat, der nicht auf Selbstkritik verzichtet.

Abbeuteln hingegen soll die lokale bayrische oder österreichische Varietät von abschütteln sein, dessen kann ich mich im Moment aber nicht vergewissern, denn im Kanton Zürich kommt man weder in den Genuss eines waschechten Bayrischen noch einer österreichischen Zunge. Vielleicht ändert sich ja im Juni, wenn alle nur noch daran denken, das kleine Runde in das grosse eckige zu bringen, etwas daran? Dies wäre wenigstens eine Möglichkeit, der Freude am passiven Massen-Fussballspiel etwas Positives abzugewinnen.

Dass man den schönen Namen der Stadt Abbeville in Abbevillien transkribiert, könnte man fast ein sprachliches Verbrechen nennen, aber Dinge solcher Art gibt es ja glücklicherweise nicht. Die Sprache gehört ihren Benutzern und wird täglich durch sie neu bestimmt. Da muss man auch nachschlagen können, dass mit Abbevillien eine Stätte der frühesten Altsteinzeit in Nordfrankreich gemeint ist.

Mehr Unterschiede als Buchstaben (115)

Wir erinnern uns nur allzu gerne daran: Als Schüler der Primarklassen sassen wir manchmal stundenlange vor einem Hellraumprojektor-Text, den es abzuschreiben galt. Nicht dass es noch keine modernen Kopergeräte gegeben hätte; nein, es war wohl zum Zweck der schönen Schreibung gedacht. Damals gab es nämlich noch die Schönschreibhefte, in die man keine Tintenkleckse reinmachen durfte, wo aber auch der Tintenkiller nicht gerne gesehen war, denn schon nach kurzer Zeit würden die Seiten vergilben, wegen der Chemie, die in diesen Killern steckt, pflegte der Lehrer jeweils zu sagen.

Von den chemikalischen Tintenkillern gleichermassen gelöst wie von den Kleckse verursachenden Tintenschreibmittel Füllfederhalter, der Federkiel wurde nie benutzt, und zum bequemen Tintenballroller übergegangen. Der grösste Nachteil, die Tinte nicht einfach mit einem Wunderstift wieder einsaugen zu können, offenbart sich als grösster Vorteil: Gedankengänge können nachvollzogen werden, wenn sich auf einer Seite Falsches durchgestrichen neben Richtigem präsentiert. Die Tinte verflüchtigt sich nicht in vergilbten Stellen, sondern artet höchstens in einem abartig anzusehenden Schlachtfeld von Gedanken aus.

Falls man wegen eines allzu exzessiven Streichkonzertes den Sinn des Aufgeschriebenen nicht mehr aus den eigenen Notizen rekonstruieren kann, ist man dank Literaturangaben und liebenswerten MitstudentInnen (das Wort KommilitonInnen benutze ich nur äusserst ungern) in einigen Fällen wieder dazu fähig, aus den eigenen Mitschriften einen Sinn herauszulesen. Wie aber steht es mit Texten, die einen weiten Überlieferungsweg hinter sich haben?

Das neue Testament in der Version der King James-Übersetzung

Bild: Das neue Testament in der Version der King James-Übersetzung. Bearbeitet von flickr (Ursprünglich fotografiert: Misty P.).

Die Bibel könnte man hier als Paradebeispiel aufführen. Die Schriften des Neuen Testaments haben eine gut 2000-jährige Tradition hinter sich. Zwar schon als schriftlich festgehaltene Quellen, allerdings in einer total unübersichtlichen Flut von Papyrii, die zu allem Unfug noch nicht einmal den selben Wortlaut enthalten. Wie soll man da herausfinden, welches denn jetzt der Text ist, von dem es sinnvoll ist auszugehen?

Dass man mit Übersetzungen äusserst vorsichtig umgehen sollte, lehren uns die modernen Übersetzungsmaschinen von Google, Altavista, Babelfish und ähnlichen Maschinerien. Dass man mit den automatischen Übersetzungsprogrammen eine Fülle an neuen Texten generieren kann, ist auch im Beitrag Rückübersetzt nachzulesen. Was den Ausgangspunkt von einem NY Times Text von demjenigen der Bibel grundsätzlich unterscheidet ist allerdings dessen Einheitlichkeit. Für diesen kurzen Abschnitt gibt es nicht auch noch Varianten, die man beachten müsste, und doch ist die Übersetzung nicht das, was man ursprünglich einmal hatte.

Genau diesem Phänomen gilt es Rechnung zu tragen, will man sich nicht in der Auslegung eines biblischen Textes verirren, wenn man nur eine Variante vor sich hat. Manchmal ist es auch schon gut, nur mehrere Übersetzungen nebeneinander zu legen, will man sich nicht die Mühe machen, extra für die Lektüre des Neuen Testaments, einen Griechisch-Kurs zu besuchen. Die verschiedenen Übersetzer akzentuieren nämlich in ihren Übersetzungen bestimmte Merkmale unterschiedlich.

Gerade beim Neuen Testament sind es aber nicht nur Übersetzungsprobleme, die irritieren können und schon manchen Interpreten in die Irre geführt haben oder gar einen Ausleger mit der Etikette eines fundamentalistisches Auslegers versehen haben. Dass man bei einem Textkorpus, das eine so reiche Tradition hat wie das Neue Testament, besonders Acht geben sollte, bevor man sich auf die Äste hinaus wagt ist da schon fast nicht mehr erwähnenswert.

Zu diesem Thema gibt es auch interessante Videos bei Youtube: Der Bible Scholar Bart D. Ehrman erklärt in seiner Stanford Lecture den Sachverhalt in der Überlieferungsgeschichte des Neuen Testaments. Das Video ist in zehn Teile unterteilt. Folgend die Links: Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4, Teil 5, Teil 6, Teil 7, Teil 8, Teil 9, Teil 10.